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Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft

Präambel
Im Namen Gottes des Allmächtigen!
Das Schweizervolk und die Kantone,
in der Verantwortung gegenüber der Schöpfung,
im Bestreben, den Bund zu erneuern, um Freiheit und Demokratie, Unabhängigkeit
und Frieden in Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt zu stärken,
im Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit
zu leben,
im Bewusstsein der gemeinsamen Errungenschaften und der Verantwortung gegenüber
den künftigen Generationen,
gewiss, dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht, und dass die Stärke des Volkes
sich misst am Wohl der Schwachen,
geben sich folgende Verfassung:

1. Titel: Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Schweizerische Eidgenossenschaft
Das Schweizervolk und die Kantone Zürich, Bern, Luzern, Uri, Schwyz, Obwalden
und Nidwalden, Glarus, Zug, Freiburg, Solothurn, Basel-Stadt und Basel-Landschaft,
Schaffhausen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden, St. Gallen,
Graubünden, Aargau, Thurgau, Tessin, Waadt, Wallis, Neuenburg, Genf und Jura
bilden die Schweizerische Eidgenossenschaft.

Art. 2 Zweck
1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des
Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
2 Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren
Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes.
3 Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und
Bürgern.
4 Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen
und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.
Art. 3 Kantone
Die Kantone sind souverän, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung
beschränkt ist; sie üben alle Rechte aus, die nicht dem Bund übertragen sind.
Art. 4 Landessprachen
Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns
1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2 Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig
sein.
3 Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4 Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.

Art. 6 Individuelle und gesellschaftliche Verantwortung
Jede Person nimmt Verantwortung für sich selber wahr und trägt nach ihren Kräften
zur Bewältigung der Aufgaben in Staat und Gesellschaft bei.
2. Titel: Grundrechte, Bürgerrechte und Sozialziele
1. Kapitel: Grundrechte
Art. 7 Menschenwürde
Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen.

Art. 8 Rechtsgleichheit
1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
2 Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der
Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebens-einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.
3 Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche
Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und
Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
4 Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten
vor.
Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben
Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und
nach Treu und Glauben behandelt zu werden.


Art. 10 Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit
1 Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
2 Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche
und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.
3 Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung
oder Bestrafung sind verboten.
Art. 11 Schutz der Kinder und Jugendlichen
1 Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit
und auf Förderung ihrer Entwicklung.
2 Sie üben ihre Rechte im Rahmen ihrer Urteilsfähigeit aus.
Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen
Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf
Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich
sind.
Art. 13 Schutz der Privatsphäre
1 Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer
Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs.
2 Jede Person hat Anspruch auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten.
Art. 14 Recht auf Ehe und Familie
Das Recht auf Ehe und Familie ist gewährleistet.
Art. 15 Glaubens- und Gewissensfreiheit
1 Die Glaubens- und Gewissensfreiheit ist gewährleistet.
2 Jede Person hat das Recht, ihre Religion und ihre weltanschauliche Überzeugung
frei zu wählen und allein oder in Gemeinschaft mit anderen zu bekennen.
3 Jede Person hat das Recht, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder anzugehören
und religiösem Unterricht zu folgen.
4 Niemand darf gezwungen werden, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder
anzugehören, eine religiöse Handlung vorzunehmen oder religiösem Unterricht zu
folgen.
Art. 16 Meinungs- und Informationsfreiheit
1 Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet.
2 Jede Person hat das Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu
äussern und zu verbreiten.
3 Jede Person hat das Recht, Informationen frei zu empfangen, aus allgemein zugänglichen
Quellen zu beschaffen und zu verbreiten.
Art. 17 Medienfreiheit
1 Die Freiheit von Presse, Radio und Fernsehen sowie anderer Formen der öffentlichen
fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen ist
gewährleistet.
2 Zensur ist verboten.
3 Das Redaktionsgeheimnis ist gewährleistet.
Art. 18 Sprachenfreiheit
Die Sprachenfreiheit ist gewährleistet.
Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht
Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet.
Art. 20 Wissenschaftsfreiheit
Die Freiheit der wissenschaftlichen Lehre und Forschung ist gewährleistet.
Art. 21 Kunstfreiheit
Die Freiheit der Kunst ist gewährleistet.
Art. 22 Versammlungsfreiheit
1 Die Versammlungsfreiheit ist gewährleistet.
2 Jede Person hat das Recht, Versammlungen zu organisieren, an Versammlungen
teilzunehmen oder Versammlungen fernzubleiben.

Art. 23 Vereinigungsfreiheit
1 Die Vereinigungsfreiheit ist gewährleistet.
2 Jede Person hat das Recht, Vereinigungen zu bilden, Vereinigungen beizutreten
oder anzugehören und sich an den Tätigkeiten von Vereinigungen zu beteiligen.
3 Niemand darf gezwungen werden, einer Vereinigung beizutreten oder anzugehören.
Art. 24 Niederlassungsfreiheit
1 Schweizerinnen und Schweizer haben das Recht, sich an jedem Ort des Landes
niederzulassen.
2 Sie haben das Recht, die Schweiz zu verlassen oder in die Schweiz einzureisen.
Art. 25 Schutz vor Ausweisung, Auslieferung und Ausschaffung
1 Schweizerinnen und Schweizer dürfen nicht aus der Schweiz ausgewiesen werden;
sie dürfen nur mit ihrem Einverständnis an eine ausländische Behörde ausgeliefert
werden.
2 Flüchtlinge dürfen nicht in einen Staat ausgeschafft oder ausgeliefert werden, in
dem sie verfolgt werden.
3 Niemand darf in einen Staat ausgeschafft werden, in dem ihm Folter oder eine andere
Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht.

Art. 26 Eigentumsgarantie
1 Das Eigentum ist gewährleistet.
2 Enteignungen und Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen,
werden voll entschädigt.
Art. 27 Wirtschaftsfreiheit
1 Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet.
2 Sie umfasst insbesondere die freie Wahl des Berufes sowie den freien Zugang zu
einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung.
Art. 28 Koalitionsfreiheit
1 Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
sowie ihre Organisationen haben das Recht, sich zum Schutz ihrer Interessen zusammenzuschliessen,
Vereinigungen zu bilden und solchen beizutreten oder fernzubleiben.
2 Streitigkeiten sind nach Möglichkeit durch Verhandlung oder Vermittlung beizulegen.

3 Streik und Aussperrung sind zulässig, wenn sie Arbeitsbeziehungen betreffen und
wenn keine Verpflichtungen entgegenstehen, den Arbeitsfrieden zu wahren oder
Schlichtungsverhandlungen zu führen.
4 Das Gesetz kann bestimmten Kategorien von Personen den Streik verbieten.
Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien
1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch
auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener
Frist.
2 Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3 Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche
Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf
unentgeltlichen Rechtsbeistand.
Art. 30 Gerichtliche Verfahren
1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss,
hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches
Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2 Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die
Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen
Gerichtsstand vorsehen.
3 Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann
Ausnahmen vorsehen.

Art. 31 Freiheitsentzug
1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen
und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2 Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich
und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und
über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre
Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen
benachrichtigen zu lassen.
3 Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich
einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin
oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen
wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert
angemessener Frist.
4 Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das
Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über
die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.

Art. 32 Strafverfahren
1 Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
2 Jede angeklagte Person hat Anspruch darauf, möglichst rasch und umfassend über
die gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Sie muss die
Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte geltend zu machen.
3 Jede verurteilte Person hat das Recht, das Urteil von einem höheren Gericht überprüfen
zu lassen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Bundesgericht als einzige
Instanz urteilt.
Art. 33 Petitionsrecht
1 Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus
keine Nachteile erwachsen.
2 Die Behörden haben von Petitionen Kenntnis zu nehmen.
Art. 34 Politische Rechte
1 Die politischen Rechte sind gewährleistet.
2 Die Garantie der politischen Rechte schützt die freie Willensbildung und die unverfälschte
Stimmabgabe.
Art. 35 Verwirklichung der Grundrechte
1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen.
2 Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet,
zu ihrer Verwirklichung beizutragen.
3 Die Behörden sorgen dafür, dass die Grundrechte, soweit sie sich dazu eignen,
auch unter Privaten wirksam werden.

Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten
1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage.
Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen
sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr.
2 Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder
durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein.
3 Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein.
4 Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar.

2. Kapitel: Bürgerrecht und politische Rechte
Art. 37 Bürgerrechte
1 Schweizerbürgerin oder Schweizerbürger ist, wer das Bürgerrecht einer Gemeinde
und das Bürgerrecht des Kantons besitzt.
2 Niemand darf wegen seiner Bürgerrechte bevorzugt oder benachteiligt werden.
Ausgenommen sind Vorschriften über die politischen Rechte in Bürgergemeinden
und Korporationen sowie über die Beteiligung an deren Vermögen, es sei denn, die
kantonale Gesetzgebung sehe etwas anderes vor.
Art. 38 Erwerb und Verlust der Bürgerrechte
1 Der Bund regelt Erwerb und Verlust der Bürgerrechte durch Abstammung, Heirat
und Adoption. Er regelt zudem den Verlust des Schweizer Bürgerrechts aus anderen
Gründen sowie die Wiedereinbürgerung.
2 Er erlässt Mindestvorschriften über die Einbürgerung von Ausländerinnen und
Ausländern durch die Kantone und erteilt die Einbürgerungsbewilligung.
3 Er erleichtert die Einbürgerung staatenloser Kinder.
Art. 39 Ausübung der politischen Rechte
1 Der Bund regelt die Ausübung der politischen Rechte in eidgenössischen, die
Kantone regeln sie in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten.
2 Die politischen Rechte werden am Wohnsitz ausgeübt. Bund und Kantone können
Ausnahmen vorsehen.
3 Niemand darf die politischen Rechte in mehr als einem Kanton ausüben.
4 Die Kantone können vorsehen, dass Neuzugezogene das Stimmrecht in kantonalen
und kommunalen Angelegenheiten erst nach einer Wartefrist von höchstens drei
Monaten nach der Niederlassung ausüben dürfen.

Art. 40 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer
1 Der Bund fördert die Beziehungen der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer
untereinander und zur Schweiz. Er kann Organisationen unterstützen, die
dieses Ziel verfolgen.
2 Er erlässt Vorschriften über die Rechte und Pflichten der Auslandschweizerinnen
und Auslandschweizer, namentlich in Bezug auf die Ausübung der politischen
Rechte im Bund, die Erfüllung der Pflicht, Militär- oder Ersatzdienst zu leisten, die
Unterstützung sowie die Sozialversicherungen.

3. Kapitel: Sozialziele
Art. 41
1 Bund und Kantone setzen sich in Ergänzung zu persönlicher Verantwortung und
privater Initiative dafür ein, dass:
a. jede Person an der sozialen Sicherheit teilhat;
b. jede Person die für ihre Gesundheit notwendige Pflege erhält;
c. Familien als Gemeinschaften von Erwachsenen und Kindern geschützt und
gefördert werden;
d. Erwerbsfähige ihren Lebensunterhalt durch Arbeit zu angemessenen Bedingungen
bestreiten können;
e. Wohnungssuchende für sich und ihre Familie eine angemessene Wohnung
zu tragbaren Bedingungen finden können;
f. Kinder und Jugendliche sowie Personen im erwerbsfähigen Alter sich nach
ihren Fähigkeiten bilden, aus- und weiterbilden können;
g. Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu selbstständigen und sozial
verantwortlichen Personen gefördert und in ihrer sozialen, kulturellen und
politischen Integration unterstützt werden.
2 Bund und Kantone setzen sich dafür ein, dass jede Person gegen die wirtschaftlichen
Folgen von Alter, Invalidität, Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit, Mutterschaft,
Verwaisung und Verwitwung gesichert ist.
3 Sie streben die Sozialziele im Rahmen ihrer verfassungsmässigen Zuständigkeiten
und ihrer verfügbaren Mittel an.
4 Aus den Sozialzielen können keine unmittelbaren Ansprüche auf staatliche Leistungen
abgeleitet werden.

3. Titel: Bund, Kantone und Gemeinden
1. Kapitel: Verhältnis von Bund und Kantonen
1. Abschnitt: Aufgaben von Bund und Kantonen
Art. 42 Aufgaben des Bundes
1 Der Bund erfüllt die Aufgaben, die ihm die Bundesverfassung zuweist.
2 Er übernimmt die Aufgaben, die einer einheitlichen Regelung bedürfen.
Art. 43 Aufgaben der Kantone
Die Kantone bestimmen, welche Aufgaben sie im Rahmen ihrer Zuständigkeiten
erfüllen.

2. Abschnitt: Zusammenwirken von Bund und Kantonen
Art. 44 Grundsätze
1 Bund und Kantone unterstützen einander in der Erfüllung ihrer Aufgaben und arbeiten
zusammen.
2 Sie schulden einander Rücksicht und Beistand. Sie leisten einander Amts- und
Rechtshilfe.
3 Streitigkeiten zwischen Kantonen oder zwischen Kantonen und dem Bund werden
nach Möglichkeit durch Verhandlung und Vermittlung beigelegt.
Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes
1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung
des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2 Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben;
er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.
Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts
1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz
um.
2 Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den
kantonalen Besonderheiten Rechnung.
3 Der Bund trägt der finanziellen Belastung Rechnung, die mit der Umsetzung des
Bundesrechts verbunden ist, indem er den Kantonen ausreichende Finanzierungsquellen
belässt und für einen angemessenen Finanzausgleich sorgt.

Art. 47 Eigenständigkeit der Kantone
Der Bund wahrt die Eigenständigkeit der Kantone.
Art. 48 Verträge zwischen Kantonen
1 Die Kantone können miteinander Verträge schliessen sowie gemeinsame Organisationen
und Einrichtungen schaffen. Sie können namentlich Aufgaben von regionalem
Interesse gemeinsam wahrnehmen.
2 Der Bund kann sich im Rahmen seiner Zuständigkeiten beteiligen.
3 Verträge zwischen Kantonen dürfen dem Recht und den Interessen des Bundes
sowie den Rechten anderer Kantone nicht zuwiderlaufen. Sie sind dem Bund zur
Kenntnis zu bringen.
Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts
1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
2 Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone.

3. Abschnitt: Gemeinden
Art. 50
1 Die Gemeindeautonomie ist nach Massgabe des kantonalen Rechts gewährleistet.
2 Der Bund beachtet bei seinem Handeln die möglichen Auswirkungen auf die Gemeinden.
3 Er nimmt dabei Rücksicht auf die besondere Situation der Städte und der Agglomerationen
sowie der Berggebiete.
4. Abschnitt: Bundesgarantien
Art. 51 Kantonsverfassungen
1 Jeder Kanton gibt sich eine demokratische Verfassung. Diese bedarf der Zustimmung
des Volkes und muss revidiert werden können, wenn die Mehrheit der
Stimmberechtigten es verlangt.
2 Die Kantonsverfassungen bedürfen der Gewährleistung des Bundes. Der Bund gewährleistet
sie, wenn sie dem Bundesrecht nicht widersprechen.
Art. 52 Verfassungsmässige Ordnung
1 Der Bund schützt die verfassungsmässige Ordnung der Kantone.
2 Er greift ein, wenn die Ordnung in einem Kanton gestört oder bedroht ist und der
betroffene Kanton sie nicht selber oder mit Hilfe anderer Kantone schützen kann.

Art. 53 Bestand und Gebiet der Kantone
1 Der Bund schützt Bestand und Gebiet der Kantone.
2 Änderungen im Bestand der Kantone bedürfen der Zustimmung der betroffenen
Bevölkerung, der betroffenen Kantone sowie von Volk und Ständen.
3 Gebietsveränderungen zwischen den Kantonen bedürfen der Zustimmung der betroffenen
Bevölkerung und der betroffenen Kantone sowie der Genehmigung durch
die Bundesversammlung in der Form eines Bundesbeschlusses.
4 Grenzbereinigungen können Kantone unter sich durch Vertrag vornehmen.
2. Kapitel: Zuständigkeiten
1. Abschnitt: Beziehungen zum Ausland
Art. 54 Auswärtige Angelegenheiten
1 Die auswärtigen Angelegenheiten sind Sache des Bundes.


2 Der Bund setzt sich ein für die Wahrung der Unabhängigkeit der Schweiz und für
ihre Wohlfahrt; er trägt namentlich bei zur Linderung von Not und Armut in der
Welt, zur Achtung der Menschenrechte und zur Förderung der Demokratie, zu einem
friedlichen Zusammenleben der Völker sowie zur Erhaltung der natürlichen
Lebensgrundlagen.
3 Er nimmt Rücksicht auf die Zuständigkeiten der Kantone und wahrt ihre Interessen.
Art. 55 Mitwirkung der Kantone an aussenpolitischen Entscheiden
1 Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre
Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
2 Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend und holt ihre Stellungnahmen
ein.
3 Den Stellungnahmen der Kantone kommt besonderes Gewicht zu, wenn sie in ihren
Zuständigkeiten betroffen sind. In diesen Fällen wirken die Kantone in geeigneter
Weise an internationalen Verhandlungen mit.
Art. 56 Beziehungen der Kantone mit dem Ausland
1 Die Kantone können in ihren Zuständigkeitsbereichen mit dem Ausland Verträge
schliessen.
2 Diese Verträge dürfen dem Recht und den Interessen des Bundes sowie den Rechten
anderer Kantone nicht zuwiderlaufen. Die Kantone haben den Bund vor Abschluss
der Verträge zu informieren.
3 Mit untergeordneten ausländischen Behörden können die Kantone direkt verkehren;
in den übrigen Fällen erfolgt der Verkehr der Kantone mit dem Ausland durch
Vermittlung des Bundes.

2. Abschnitt: Sicherheit, Landesverteidigung, Zivilschutz
Art. 57 Sicherheit
1 Bund und Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die Sicherheit des
Landes und den Schutz der Bevölkerung.
2 Sie koordinieren ihre Anstrengungen im Bereich der inneren Sicherheit.
Art. 58 Armee
1 Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
2 Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens;
sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden
bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben
vorsehen.
3 Der Einsatz der Armee ist Sache des Bundes. Die Kantone können ihre Formationen
zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf ihrem Gebiet einsetzen,
wenn die Mittel der zivilen Behörden zur Abwehr schwerwiegender Bedrohungen
der inneren Sicherheit nicht mehr ausreichen.
Art. 59 Militär- und Ersatzdienst
1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen
Ersatzdienst vor.
2 Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.
3 Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe.
Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
4 Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5 Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden
erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch
auf angemessene Unterstützung des Bundes.

Art. 60 Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee
1 Die Militärgesetzgebung sowie Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee
sind Sache des Bundes.
2 Die Kantone sind im Rahmen des Bundesrechts zuständig für die Bildung kantonaler
Formationen, für die Ernennung und Beförderung der Offiziere dieser Formationen
sowie für die Beschaffung von Teilen der Bekleidung und Ausrüstung.
3 Der Bund kann militärische Einrichtungen der Kantone gegen angemessene Entschädigung
übernehmen.
Art. 61 Zivilschutz
1 Die Gesetzgebung über den zivilen Schutz von Personen und Gütern vor den Auswirkungen
bewaffneter Konflikte ist Sache des Bundes.
2 Der Bund erlässt Vorschriften über den Einsatz des Zivilschutzes bei Katastrophen
und in Notlagen.
3 Er kann den Schutzdienst für Männer obligatorisch erklären. Für Frauen ist dieser
freiwillig.
4 Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5 Personen, die Schutzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden
oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene
Unterstützung des Bundes.

3. Abschnitt: Bildung, Forschung und Kultur
Art. 62 Schulwesen
1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig.
2 Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offen
steht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung
oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich. Das Schuljahr beginnt
zwischen Mitte August und Mitte September.
Art. 63 Berufsbildung und Hochschulen
1 Der Bund erlässt Vorschriften über die Berufsbildung.
2 Er betreibt technische Hochschulen; er kann weitere Hochschulen und andere höhere
Bildungsanstalten errichten, betreiben oder unterstützen. Er kann die Unterstützung
davon abhängig machen, dass die Koordination sichergestellt ist.
Art. 64 Forschung
1 Der Bund fördert die wissenschaftliche Forschung.
2 Er kann die Förderung insbesondere davon abhängig machen, dass die Koordination
sichergestellt ist.
3 Er kann Forschungsstätten errichten, übernehmen oder betreiben.
Art. 65 Statistik
1 Der Bund erhebt die notwendigen statistischen Daten über den Zustand und die
Entwicklung von Bevölkerung, Wirtschaft, Gesellschaft, Raum und Umwelt in der
Schweiz.
2 Er kann Vorschriften über die Harmonisierung und Führung amtlicher Register
erlassen, um den Erhebungsaufwand möglichst gering zu halten.

Art. 66 Ausbildungsbeihilfen
1 Der Bund kann den Kantonen Beiträge an ihre Aufwendungen für Stipendien und
andere Ausbildungsbeihilfen gewähren.
2 Er kann zudem in Ergänzung zu den kantonalen Massnahmen und unter Wahrung
der kantonalen Schulhoheit eigene Massnahmen zur Förderung der Ausbildung ergreifen.
Art. 67 Jugend und Erwachsenenbildung
1 Bund und Kantone tragen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben den besonderen Förderungs-
und Schutzbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen Rechnung.
2 Der Bund kann in Ergänzung zu kantonalen Massnahmen die ausserschulische Arbeit
mit Kindern und Jugendlichen sowie die Erwachsenenbildung unterstützen.

Art. 68 Sport
1 Der Bund fördert den Sport, insbesondere die Ausbildung.
2 Er betreibt eine Sportschule.
3 Er kann Vorschriften über den Jugendsport erlassen und den Sportunterricht an
Schulen obligatorisch erklären.
Art. 69 Kultur
1 Für den Bereich der Kultur sind die Kantone zuständig.
2 Der Bund kann kulturelle Bestrebungen von gesamtschweizerischem Interesse unterstützen
sowie Kunst und Musik, insbesondere im Bereich der Ausbildung, fördern.
3 Er nimmt bei der Erfüllung seiner Aufgaben Rücksicht auf die kulturelle und die
sprachliche Vielfalt des Landes.
Art. 70 Sprachen
1 Die Amtssprachen des Bundes sind Deutsch, Französisch und Italienisch. Im Verkehr
mit Personen rätoromanischer Sprache ist auch das Rätoromanische Amtssprache
des Bundes.
2 Die Kantone bestimmen ihre Amtssprachen. Um das Einvernehmen zwischen den
Sprachgemeinschaften zu wahren, achten sie auf die herkömmliche sprachliche Zusammensetzung
der Gebiete und nehmen Rücksicht auf die angestammten sprachlichen
Minderheiten.
3 Bund und Kantone fördern die Verständigung und den Austausch zwischen den
Sprachgemeinschaften.
4 Der Bund unterstützt die mehrsprachigen Kantone bei der Erfüllung ihrer besonderen
Aufgaben.
5 Der Bund unterstützt Massnahmen der Kantone Graubünden und Tessin zur Erhaltung
und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache.

Art. 71 Film
1 Der Bund kann die Schweizer Filmproduktion und die Filmkultur fördern.
2 Er kann Vorschriften zur Förderung der Vielfalt und der Qualität des Filmangebots
erlassen.
Art. 72 Kirche und Staat
1 Für die Regelung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat sind die Kantone
zuständig.

2 Bund und Kantone können im Rahmen ihrer Zuständigkeit Massnahmen treffen
zur Wahrung des öffentlichen Friedens zwischen den Angehörigen der verschiedenen
Religionsgemeinschaften.
3 Bistümer dürfen nur mit Genehmigung des Bundes errichtet werden.
4. Abschnitt: Umwelt und Raumplanung
Art. 73 Nachhaltigkeit
Bund und Kantone streben ein auf Dauer ausgewogenes Verhältnis zwischen der
Natur und ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und ihrer Beanspruchung durch den
Menschen anderseits an.
Art. 74 Umweltschutz
1 Der Bund erlässt Vorschriften über den Schutz des Menschen und seiner natürlichen
Umwelt vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen.
2 Er sorgt dafür, dass solche Einwirkungen vermieden werden. Die Kosten der Vermeidung
und Beseitigung tragen die Verursacher.
3 Für den Vollzug der Vorschriften sind die Kantone zuständig, soweit das Gesetz
ihn nicht dem Bund vorbehält.

Art. 75 Raumplanung
1 Der Bund legt Grundsätze der Raumplanung fest. Diese obliegt den Kantonen und
dient der zweckmässigen und haushälterischen Nutzung des Bodens und der geordneten
Besiedlung des Landes.
2 Der Bund fördert und koordiniert die Bestrebungen der Kantone und arbeitet mit
den Kantonen zusammen.
3 Bund und Kantone berücksichtigen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die Erfordernisse
der Raumplanung.
Art. 76 Wasser
1 Der Bund sorgt im Rahmen seiner Zuständigkeiten für die haushälterische Nutzung
und den Schutz der Wasservorkommen sowie für die Abwehr schädigender
Einwirkungen des Wassers.
2 Er legt Grundsätze fest über die Erhaltung und die Erschliessung der Wasservorkommen,
über die Nutzung der Gewässer zur Energieerzeugung und für Kühlzwecke
sowie über andere Eingriffe in den Wasserkreislauf.
3 Er erlässt Vorschriften über den Gewässerschutz, die Sicherung angemessener
Restwassermengen, den Wasserbau, die Sicherheit der Stauanlagen und die Beeinflussung
der Niederschläge.

4 Über die Wasservorkommen verfügen die Kantone. Sie können für die Wassernutzung
in den Schranken der Bundesgesetzgebung Abgaben erheben. Der Bund hat
das Recht, die Gewässer für seine Verkehrsbetriebe zu nutzen; er entrichtet dafür eine
Abgabe und eine Entschädigung.
5 Über Rechte an internationalen Wasservorkommen und damit verbundene Abgaben
entscheidet der Bund unter Beizug der betroffenen Kantone. Können sich Kantone
über Rechte an interkantonalen Wasservorkommen nicht einigen, so entscheidet
der Bund.
6 Der Bund berücksichtigt bei der Erfüllung seiner Aufgaben die Anliegen der Kantone,
aus denen das Wasser stammt.
Art. 77 Wald
1 Der Bund sorgt dafür, dass der Wald seine Schutz-, Nutz- und Wohlfahrtsfunktionen
erfüllen kann.
2 Er legt Grundsätze über den Schutz des Waldes fest.
3 Er fördert Massnahmen zur Erhaltung des Waldes.
Art. 78 Natur- und Heimatschutz
1 Für den Natur- und Heimatschutz sind die Kantone zuständig.
2 Der Bund nimmt bei der Erfüllung seiner Aufgaben Rücksicht auf die Anliegen
des Natur- und Heimatschutzes. Er schont Landschaften, Ortsbilder, geschichtliche
Stätten sowie Natur- und Kulturdenkmäler; er erhält sie ungeschmälert, wenn das
öffentliche Interesse es gebietet.
3 Er kann Bestrebungen des Natur- und Heimatschutzes unterstützen und Objekte
von gesamtschweizerischer Bedeutung vertraglich oder durch Enteignung erwerben
oder sichern.
4 Er erlässt Vorschriften zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt und zur Erhaltung
ihrer Lebensräume in der natürlichen Vielfalt. Er schützt bedrohte Arten vor Ausrottung.
5 Moore und Moorlandschaften von besonderer Schönheit und gesamtschweizerischer
Bedeutung sind geschützt. Es dürfen darin weder Anlagen gebaut noch Bodenveränderungen
vorgenommen werden. Ausgenommen sind Einrichtungen, die
dem Schutz oder der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung der Moore und Moorlandschaften
dienen.
Art. 79 Fischerei und Jagd
Der Bund legt Grundsätze fest über die Ausübung der Fischerei und der Jagd, insbesondere
zur Erhaltung der Artenvielfalt der Fische, der wild lebenden Säugetiere
und der Vögel.

Art. 80 Tierschutz
1 Der Bund erlässt Vorschriften über den Schutz der Tiere.
2 Er regelt insbesondere:
a. die Tierhaltung und die Tierpflege;
b. die Tierversuche und die Eingriffe am lebenden Tier;
c. die Verwendung von Tieren;
d. die Einfuhr von Tieren und tierischen Erzeugnissen;
e. den Tierhandel und die Tiertransporte;
f. das Töten von Tieren.
3 Für den Vollzug der Vorschriften sind die Kantone zuständig, soweit das Gesetz
ihn nicht dem Bund vorbehält.
5. Abschnitt: Öffentliche Werke und Verkehr
Art. 81 Öffentliche Werke
Der Bund kann im Interesse des ganzen oder eines grossen Teils des Landes öffentliche
Werke errichten und betreiben oder ihre Errichtung unterstützen.
Art. 82 Strassenverkehr
1 Der Bund erlässt Vorschriften über den Strassenverkehr.
2 Er übt die Oberaufsicht über die Strassen von gesamtschweizerischer Bedeutung
aus; er kann bestimmen, welche Durchgangsstrassen für den Verkehr offen bleiben
müssen.
3 Die Benützung öffentlicher Strassen ist gebührenfrei. Die Bundesversammlung
kann Ausnahmen bewilligen.
Art. 83 Nationalstrassen
1 Der Bund stellt die Errichtung eines Netzes von Nationalstrassen und deren Benützbarkeit
sicher.
2 Die Kantone bauen und unterhalten die Nationalstrassen nach den Vorschriften
und unter der Oberaufsicht des Bundes.
3 Bund und Kantone tragen die Kosten der Nationalstrassen gemeinsam. Der Kostenanteil
der einzelnen Kantone richtet sich nach ihrer Belastung durch die Nationalstrassen,
nach ihrem Interesse an diesen Strassen und nach ihrer Finanzkraft.

Art. 84 Alpenquerender Transitverkehr*
1 Der Bund schützt das Alpengebiet vor den negativen Auswirkungen des Transitverkehrs.
Er begrenzt die Belastungen durch den Transitverkehr auf ein Mass, das
für Menschen, Tiere und Pflanzen sowie ihre Lebensräume nicht schädlich ist.
2 Der alpenquerende Gütertransitverkehr von Grenze zu Grenze erfolgt auf der
Schiene. Der Bundesrat trifft die notwendigen Massnahmen. Ausnahmen sind nur
zulässig, wenn sie unumgänglich sind. Sie müssen durch ein Gesetz näher bestimmt
werden.
3 Die Transitstrassen-Kapazität im Alpengebiet darf nicht erhöht werden. Von dieser
Beschränkung ausgenommen sind Umfahrungsstrassen, die Ortschaften vom Durchgangsverkehr
entlasten.
Art. 85 Schwerverkehrsabgabe*
1 Der Bund kann auf dem Schwerverkehr eine leistungs- oder verbrauchsabhängige
Abgabe erheben, soweit der Schwerverkehr der Allgemeinheit Kosten verursacht,
die nicht durch andere Leistungen oder Abgaben gedeckt sind.
2 Der Reinertrag der Abgabe wird zur Deckung von Kosten verwendet, die im Zusammenhang
mit dem Strassenverkehr stehen.
3 Die Kantone werden am Reinertrag beteiligt. Bei der Bemessung der Anteile sind
die besonderen Auswirkungen der Abgabe in Berg- und Randgebieten zu berücksichtigen.
Art. 86 Verbrauchssteuer auf Treibstoffen und übrige Verkehrsabgaben
1 Der Bund kann auf Treibstoffen eine Verbrauchssteuer erheben.
2 Er erhebt eine Abgabe für die Benützung der Nationalstrassen durch Motorfahrzeuge
und Anhänger, die nicht der Schwerverkehrsabgabe unterstehen.
3 Er verwendet die Hälfte des Reinertrags der Verbrauchssteuer auf Treibstoffen sowie
den Reinertrag der Nationalstrassenabgabe für folgende Aufgaben und Aufwendungen
im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr:
a. die Errichtung, den Unterhalt und den Betrieb von Nationalstrassen;
b. Massnahmen zur Förderung des kombinierten Verkehrs und des Transports
begleiteter Motorfahrzeuge sowie zur Trennung des Verkehrs;
c. Beiträge an die Errichtung von Hauptstrassen;
d. Beiträge an Schutzbauten gegen Naturgewalten und an Massnahmen des
Umwelt- und Landschaftsschutzes, die der Strassenverkehr nötig macht;
e. allgemeine Beiträge an die kantonalen Kosten für Strassen, die dem Motorfahrzeugverkehr
geöffnet sind, und an den Finanzausgleich im Strassenwesen;f. Beiträge an Kantone ohne Nationalstrassen und an Kantone mit Alpenstrassen,
die dem internationalen Verkehr dienen.
4 Reichen diese Mittel nicht aus, so erhebt der Bund einen Zuschlag zur Verbrauchssteuer.
Art. 87 Eisenbahnen und weitere Verkehrsträger*
Die Gesetzgebung über den Eisenbahnverkehr, die Seilbahnen, die Schifffahrt sowie
über die Luft- und Raumfahrt ist Sache des Bundes.
Art. 88 Fuss- und Wanderwege
1 Der Bund legt Grundsätze über Fuss- und Wanderwegnetze fest.
2 Er kann Massnahmen der Kantone zur Anlage und Erhaltung solcher Netze unterstützen
und koordinieren.
3 Er nimmt bei der Erfüllung seiner Aufgaben Rücksicht auf Fuss- und Wanderwegnetze
und ersetzt Wege, die er aufheben muss.
6. Abschnitt: Energie und Kommunikation
Art. 89 Energiepolitik
1 Bund und Kantone setzen sich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten ein für eine ausreichende,
breit gefächerte, sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung
sowie für einen sparsamen und rationellen Energieverbrauch.
2 Der Bund legt Grundsätze fest über die Nutzung einheimischer und erneuerbarer
Energien und über den sparsamen und rationellen Energieverbrauch.
3 Der Bund erlässt Vorschriften über den Energieverbrauch von Anlagen, Fahrzeugen
und Geräten. Er fördert die Entwicklung von Energietechniken, insbesondere in
den Bereichen des Energiesparens und der erneuerbaren Energien.
4 Für Massnahmen, die den Verbrauch von Energie in Gebäuden betreffen, sind vor
allem die Kantone zuständig.
5 Der Bund trägt in seiner Energiepolitik den Anstrengungen der Kantone und Gemeinden
sowie der Wirtschaft Rechnung; er berücksichtigt die Verhältnisse in den
einzelnen Landesgegenden und die wirtschaftliche Tragbarkeit.

Art. 90 Kernenergie*
Die Gesetzgebung auf dem Gebiet der Kernenergie ist Sache des Bundes.

Art. 91 Transport von Energie
1 Der Bund erlässt Vorschriften über den Transport und die Lieferung elektrischer
Energie.
2 Die Gesetzgebung über Rohrleitungsanlagen zur Beförderung flüssiger oder gasförmiger
Brenn- oder Treibstoffe ist Sache des Bundes.
Art. 92 Post- und Fernmeldewesen
1 Das Post- und Fernmeldewesen ist Sache des Bundes.
2 Der Bund sorgt für eine ausreichende und preiswerte Grundversorgung mit Postund
Fernmeldediensten in allen Landesgegenden. Die Tarife werden nach einheitlichen
Grundsätzen festgelegt.
Art. 93 Radio und Fernsehen
1 Die Gesetzgebung über Radio und Fernsehen sowie über andere Formen der öffentlichen
fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen
ist Sache des Bundes.
2 Radio und Fernsehen tragen zur Bildung und kulturellen Entfaltung, zur freien
Meinungsbildung und zur Unterhaltung bei. Sie berücksichtigen die Besonderheiten
des Landes und die Bedürfnisse der Kantone. Sie stellen die Ereignisse sachgerecht
dar und bringen die Vielfalt der Ansichten angemessen zum Ausdruck.
3 Die Unabhängigkeit von Radio und Fernsehen sowie die Autonomie in der Programmgestaltung
sind gewährleistet.
4 Auf die Stellung und die Aufgabe anderer Medien, vor allem der Presse, ist Rücksicht
zu nehmen.
5 Programmbeschwerden können einer unabhängigen Beschwerdeinstanz vorgelegt
werden.

7. Abschnitt: Wirtschaft
Art. 94 Grundsätze der Wirtschaftsordnung
1 Bund und Kantone halten sich an den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit.
2 Sie wahren die Interessen der schweizerischen Gesamtwirtschaft und tragen mit
der privaten Wirtschaft zur Wohlfahrt und zur wirtschaftlichen Sicherheit der Bevölkerung
bei.
3 Sie sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für günstige Rahmenbedingungen für
die private Wirtschaft.
4 Abweichungen vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit, insbesondere auch Massnahmen,
die sich gegen den Wettbewerb richten, sind nur zulässig, wenn sie in der
Bundesverfassung vorgesehen oder durch kantonale Regalrechte begründet sind.

Art. 95 Privatwirtschaftliche Erwerbstätigkeit*
1 Der Bund kann Vorschriften erlassen über die Ausübung der privatwirtschaftlichen
Erwerbstätigkeit.
2 Er sorgt für einen einheitlichen schweizerischen Wirtschaftsraum. Er gewährleistet,
dass Personen mit einer wissenschaftlichen Ausbildung oder mit einem eidgenössischen,
kantonalen oder kantonal anerkannten Ausbildungsabschluss ihren Beruf
in der ganzen Schweiz ausüben können.
Art. 96 Wettbewerbspolitik
1 Der Bund erlässt Vorschriften gegen volkswirtschaftlich oder sozial schädliche
Auswirkungen von Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen.
2 Er trifft Massnahmen
a. zur Verhinderung von Missbräuchen in der Preisbildung durch marktmächtige
Unternehmen und Organisationen des privaten und des öffentlichen
Rechts;
b. gegen den unlauteren Wettbewerb.
Art. 97 Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten
1 Der Bund trifft Massnahmen zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten.
2 Er erlässt Vorschriften über die Rechtsmittel, welche die Konsumentenorganisationen
ergreifen können. Diesen Organisationen stehen im Bereich der Bundesgesetzgebung
über den unlauteren Wettbewerb die gleichen Rechte zu wie den Berufsund
Wirtschaftsverbänden.
3 Die Kantone sehen für Streitigkeiten bis zu einem bestimmten Streitwert ein
Schlichtungsverfahren oder ein einfaches und rasches Gerichtsverfahren vor. Der
Bundesrat legt die Streitwertgrenze fest.

Art. 98 Banken und Versicherungen
1 Der Bund erlässt Vorschriften über das Banken- und Börsenwesen; er trägt dabei
der besonderen Aufgabe und Stellung der Kantonalbanken Rechnung.
2 Er kann Vorschriften erlassen über Finanzdienstleistungen in anderen Bereichen.
3 Er erlässt Vorschriften über das Privatversicherungswesen.
Art. 99 Geld- und Währungspolitik
1 Das Geld- und Währungswesen ist Sache des Bundes; diesem allein steht das
Recht zur Ausgabe von Münzen und Banknoten zu.

2 Die Schweizerische Nationalbank führt als unabhängige Zentralbank eine Geldund
Währungspolitik, die dem Gesamtinteresse des Landes dient; sie wird unter
Mitwirkung und Aufsicht des Bundes verwaltet.
3 Die Schweizerische Nationalbank bildet aus ihren Erträgen ausreichende Währungsreserven;
ein Teil dieser Reserven wird in Gold gehalten.
4 Der Reingewinn der Schweizerischen Nationalbank geht zu mindestens zwei Dritteln
an die Kantone.
Art. 100 Konjunkturpolitik
1 Der Bund trifft Massnahmen für eine ausgeglichene konjunkturelle Entwicklung,
insbesondere zur Verhütung und Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Teuerung.
2 Er berücksichtigt die wirtschaftliche Entwicklung der einzelnen Landesgegenden.
Er arbeitet mit den Kantonen und der Wirtschaft zusammen.
3 Im Geld- und Kreditwesen, in der Aussenwirtschaft und im Bereich der öffentlichen
Finanzen kann er nötigenfalls vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen.
4 Bund, Kantone und Gemeinden berücksichtigen in ihrer Einnahmen- und Ausgabenpolitik
die Konjunkturlage.
5 Der Bund kann zur Stabilisierung der Konjunktur vorübergehend auf bundesrechtlichen
Abgaben Zuschläge erheben oder Rabatte gewähren. Die abgeschöpften Mittel
sind stillzulegen; nach der Freigabe werden direkte Abgaben individuell zurückerstattet,
indirekte zur Gewährung von Rabatten oder zur Arbeitsbeschaffung verwendet.
6 Der Bund kann die Unternehmen zur Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven
verpflichten; er gewährt dafür Steuererleichterungen und kann dazu auch die Kantone
verpflichten. Nach der Freigabe der Reserven entscheiden die Unternehmen frei
über deren Einsatz im Rahmen der gesetzlichen Verwendungszwecke.

Art. 101 Aussenwirtschaftspolitik
1 Der Bund wahrt die Interessen der schweizerischen Wirtschaft im Ausland.
2 In besonderen Fällen kann er Massnahmen treffen zum Schutz der inländischen
Wirtschaft. Er kann nötigenfalls vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen.
Art. 102 Landesversorgung*
1 Der Bund stellt die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und
Dienstleistungen sicher für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen
sowie in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen
vermag. Er trifft vorsorgliche Massnahmen.
2 Er kann nötigenfalls vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen.

Art. 103 Strukturpolitik*
Der Bund kann wirtschaftlich bedrohte Landesgegenden unterstützen sowie Wirtschaftszweige
und Berufe fördern, wenn zumutbare Selbsthilfemassnahmen zur Sicherung
ihrer Existenz nicht ausreichen. Er kann nötigenfalls vom Grundsatz der
Wirtschaftsfreiheit abweichen.
Art. 104 Landwirtschaft
1 Der Bund sorgt dafür, dass die Landwirtschaft durch eine nachhaltige und auf den
Markt ausgerichtete Produktion einen wesentlichen Beitrag leistet zur:
a. sicheren Versorgung der Bevölkerung;
b. Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und zur Pflege der Kulturlandschaft;
c. dezentralen Besiedlung des Landes.
2 Ergänzend zur zumutbaren Selbsthilfe der Landwirtschaft und nötigenfalls abweichend
vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit fördert der Bund die bodenbewirtschaftenden
bäuerlichen Betriebe.
3 Er richtet die Massnahmen so aus, dass die Landwirtschaft ihre multifunktionalen
Aufgaben erfüllt. Er hat insbesondere folgende Befugnisse und Aufgaben:
a. Er ergänzt das bäuerliche Einkommen durch Direktzahlungen zur Erzielung
eines angemessenen Entgelts für die erbrachten Leistungen, unter der Voraussetzung
eines ökologischen Leistungsnachweises.
b. Er fördert mit wirtschaftlich lohnenden Anreizen Produktionsformen, die
besonders naturnah, umwelt- und tierfreundlich sind.
c. Er erlässt Vorschriften zur Deklaration von Herkunft, Qualität, Produktionsmethode
und Verarbeitungsverfahren für Lebensmittel.
d. Er schützt die Umwelt vor Beeinträchtigungen durch überhöhten Einsatz
von Düngstoffen, Chemikalien und anderen Hilfsstoffen.
e. Er kann die landwirtschaftliche Forschung, Beratung und Ausbildung fördern
sowie Investitionshilfen leisten.
f. Er kann Vorschriften zur Festigung des bäuerlichen Grundbesitzes erlassen.
4 Er setzt dafür zweckgebundene Mittel aus dem Bereich der Landwirtschaft und
allgemeine Bundesmittel ein.
Art. 105 Alkohol
Die Gesetzgebung über Herstellung, Einfuhr, Reinigung und Verkauf gebrannter
Wasser ist Sache des Bundes. Der Bund trägt insbesondere den schädlichen Wirkungen
des Alkoholkonsums Rechnung.

Art. 106 Glücksspiele*
1 Die Gesetzgebung über Glücksspiele und Lotterien ist Sache des Bundes.
2 Für die Errichtung und den Betrieb von Spielbanken ist eine Konzession des Bundes
erforderlich. Er berücksichtigt bei der Konzessionserteilung die regionalen Gegebenheiten
und die Gefahren des Glücksspiels.
3 Der Bund erhebt eine ertragsabhängige Spielbankenabgabe; diese darf 80 Prozent
der Bruttospielerträge aus dem Betrieb der Spielbanken nicht übersteigen. Sie wird
zur Deckung des Bundesbeitrags an die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung
verwendet.
4 Für die Zulassung von Geschicklichkeitsspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit
sind die Kantone zuständig.
Art. 107 Waffen und Kriegsmaterial
1 Der Bund erlässt Vorschriften gegen den Missbrauch von Waffen, Waffenzubehör
und Munition.
2 Er erlässt Vorschriften über die Herstellung, die Beschaffung und den Vertrieb
sowie über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial.
8. Abschnitt: Wohnen, Arbeit, soziale Sicherheit und Gesundheit
Art. 108 Wohnbau- und Wohneigentumsförderung
1 Der Bund fördert den Wohnungsbau, den Erwerb von Wohnungs- und Hauseigentum,
das dem Eigenbedarf Privater dient, sowie die Tätigkeit von Trägern und
Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus.
2 Er fördert insbesondere die Beschaffung und Erschliessung von Land für den
Wohnungsbau, die Rationalisierung und die Verbilligung des Wohnungsbaus sowie
die Verbilligung der Wohnkosten.
3 Er kann Vorschriften erlassen über die Erschliessung von Land für den Wohnungsbau
und die Baurationalisierung.
4 Er berücksichtigt dabei namentlich die Interessen von Familien, Betagten, Bedürftigen
und Behinderten.
Art. 109 Mietwesen
1 Der Bund erlässt Vorschriften gegen Missbräuche im Mietwesen, namentlich gegen
missbräuchliche Mietzinse, sowie über die Anfechtbarkeit missbräuchlicher
Kündigungen und die befristete Erstreckung von Mietverhältnissen.
2 Er kann Vorschriften über die Allgemeinverbindlicherklärung von Rahmenmietverträgen
erlassen. Solche dürfen nur allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn sie Rechnung tragen und die Rechtsgleichheit nicht beeinträchtigen.
Art. 110 Arbeit*
1 Der Bund kann Vorschriften erlassen über:
a. den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer;
b. das Verhältnis zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, insbesondere
über die gemeinsame Regelung betrieblicher und beruflicher Angelegenheiten;
c. die Arbeitsvermittlung;
d. die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen.
2 Gesamtarbeitsverträge dürfen nur allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn sie
begründeten Minderheitsinteressen und regionalen Verschiedenheiten angemessen
Rechnung tragen und die Rechtsgleichheit sowie die Koalitionsfreiheit nicht beeinträchtigen.
3 Der 1. August ist Bundesfeiertag. Er ist arbeitsrechtlich den Sonntagen gleichgestellt
und bezahlt.
Art. 111 Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge
1 Der Bund trifft Massnahmen für eine ausreichende Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenvorsorge. Diese beruht auf drei Säulen, nämlich der eidgenössischen Alters-,
Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, der beruflichen Vorsorge und der
Selbstvorsorge.
2 Der Bund sorgt dafür, dass die eidgenössische Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung
sowie die berufliche Vorsorge ihren Zweck dauernd erfüllen können.
3 Er kann die Kantone verpflichten, Einrichtungen der eidgenössischen Alters-,
Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie der beruflichen Vorsorge von der
Steuerpflicht zu befreien und den Versicherten und ihren Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern
auf Beiträgen und anwartschaftlichen Ansprüchen Steuererleichterungen
zu gewähren.
4 Er fördert in Zusammenarbeit mit den Kantonen die Selbstvorsorge namentlich
durch Massnahmen der Steuer- und Eigentumspolitik.
Art. 112 Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung*
1 Der Bund erlässt Vorschriften über die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung.

2 Er beachtet dabei folgende Grundsätze:
a. Die Versicherung ist obligatorisch.
b. Die Renten haben den Existenzbedarf angemessen zu decken.
c. Die Höchstrente beträgt maximal das Doppelte der Mindestrente.
d. Die Renten werden mindestens der Preisentwicklung angepasst.
3 Die Versicherung wird finanziert:
a. durch Beiträge der Versicherten, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Hälfte der Beiträge
bezahlen;
b. durch Leistungen des Bundes und, wenn das Gesetz es vorsieht, der Kantone.
4 Die Leistungen des Bundes und der Kantone betragen zusammen höchstens die
Hälfte der Ausgaben.
5 Die Leistungen des Bundes werden in erster Linie aus dem Reinertrag der Tabaksteuer,
der Steuer auf gebrannten Wassern und der Abgabe aus dem Betrieb von
Spielbanken gedeckt.
6 Der Bund fördert die Eingliederung Invalider und unterstützt Bestrebungen zugunsten
Betagter, Hinterlassener und Invalider. Für diesen Zweck kann er Mittel aus
der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung verwenden.

Art. 113 Berufliche Vorsorge*
1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
2 Er beachtet dabei folgende Grundsätze:
a. Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen-
und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung
in angemessener Weise.
b. Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch;
das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
c. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht
ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer
eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern.
d. Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung
versichern.
e. Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die
berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären.
3 Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei
die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer bezahlen.

4 Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen;
der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische
Massnahmen vorsehen.
Art. 114 Arbeitslosenversicherung
1 Der Bund erlässt Vorschriften über die Arbeitslosenversicherung.
2 Er beachtet dabei folgende Grundsätze:
a. Die Versicherung gewährt angemessenen Erwerbsersatz und unterstützt
Massnahmen zur Verhütung und Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.
b. Der Beitritt ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das
Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
c. Selbständigerwerbende können sich freiwillig versichern.
3 Die Versicherung wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
die Hälfte der Beiträge bezahlen.
4 Bund und Kantone erbringen bei ausserordentlichen Verhältnissen finanzielle
Leistungen.
5 Der Bund kann Vorschriften über die Arbeitslosenfürsorge erlassen.
Art. 115 Unterstützung Bedürftiger
Bedürftige werden von ihrem Wohnkanton unterstützt. Der Bund regelt die Ausnahmen
und Zuständigkeiten.

Art. 116 Familienzulagen und Mutterschaftsversicherung
1 Der Bund berücksichtigt bei der Erfüllung seiner Aufgaben die Bedürfnisse der
Familie. Er kann Massnahmen zum Schutz der Familie unterstützen.
2 Er kann Vorschriften über die Familienzulagen erlassen und eine eidgenössische
Familienausgleichskasse führen.
3 Er richtet eine Mutterschaftsversicherung ein. Er kann auch Personen zu Beiträgen
verpflichten, die nicht in den Genuss der Versicherungsleistungen gelangen können.
4 Der Bund kann den Beitritt zu einer Familienausgleichskasse und die Mutterschaftsversicherung
allgemein oder für einzelne Bevölkerungsgruppen obligatorisch
erklären und seine Leistungen von angemessenen Leistungen der Kantone abhängig
machen.
Art. 117 Kranken- und Unfallversicherung
1 Der Bund erlässt Vorschriften über die Kranken- und die Unfallversicherung.
2 Er kann die Kranken- und die Unfallversicherung allgemein oder für einzelne Bevölkerungsgruppen
obligatorisch erklären.

Art. 118 Schutz der Gesundheit
1 Der Bund trifft im Rahmen seiner Zuständigkeiten Massnahmen zum Schutz der
Gesundheit.
2 Er erlässt Vorschriften über:
a. den Umgang mit Lebensmitteln sowie mit Heilmitteln, Betäubungsmitteln,
Organismen, Chemikalien und Gegenständen, welche die Gesundheit gefährden
können;
b. die Bekämpfung übertragbarer, stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten
von Menschen und Tieren;
c. den Schutz vor ionisierenden Strahlen.
Art. 119 Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich
1 Der Mensch ist vor Missbräuchen der Fortpflanzungsmedizin und der Gentechnologie
geschützt.
2 Der Bund erlässt Vorschriften über den Umgang mit menschlichem Keim- und
Erbgut. Er sorgt dabei für den Schutz der Menschenwürde, der Persönlichkeit und
der Familie und beachtet insbesondere folgende Grundsätze:
a. Alle Arten des Klonens und Eingriffe in das Erbgut menschlicher Keimzellen
und Embryonen sind unzulässig.
b. Nichtmenschliches Keim- und Erbgut darf nicht in menschliches Keimgut
eingebracht oder mit ihm verschmolzen werden.
c. Die Verfahren der medizinisch unterstützten Fortpflanzung dürfen nur angewendet
werden, wenn die Unfruchtbarkeit oder die Gefahr der Übertragung
einer schweren Krankheit nicht anders behoben werden kann, nicht
aber um beim Kind bestimmte Eigenschaften herbeizuführen oder um Forschung
zu betreiben; die Befruchtung menschlicher Eizellen ausserhalb des
Körpers der Frau ist nur unter den vom Gesetz festgelegten Bedingungen
erlaubt; es dürfen nur so viele menschliche Eizellen ausserhalb des Körpers
der Frau zu Embryonen entwickelt werden, als ihr sofort eingepflanzt werden
können.
d. Die Embryonenspende und alle Arten von Leihmutterschaft sind unzulässig.
e. Mit menschlichem Keimgut und mit Erzeugnissen aus Embryonen darf kein
Handel getrieben werden.
f. Das Erbgut einer Person darf nur untersucht, registriert oder offenbart werden,
wenn die betroffene Person zustimmt oder das Gesetz es vorschreibt.
g. Jede Person hat Zugang zu den Daten über ihre Abstammung.

Art. 119a2 Transplantationsmedizin
1 Der Bund erlässt Vorschriften auf dem Gebiet der Transplantation von Organen,
Geweben und Zellen. Er sorgt dabei für den Schutz der Menschenwürde, der Persönlichkeit
und der Gesundheit.
2 Er legt insbesondere Kriterien für eine gerechte Zuteilung von Organen fest.
3 Die Spende von menschlichen Organen, Geweben und Zellen ist unentgeltlich. Der
Handel mit menschlichen Organen ist verboten.
Art. 120 Gentechnologie im Ausserhumanbereich
1 Der Mensch und seine Umwelt sind vor Missbräuchen der Gentechnologie geschützt.
2 Der Bund erlässt Vorschriften über den Umgang mit Keim- und Erbgut von Tieren,
Pflanzen und anderen Organismen. Er trägt dabei der Würde der Kreatur sowie
der Sicherheit von Mensch, Tier und Umwelt Rechnung und schützt die genetische
Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten.
9. Abschnitt:
Aufenthalt und Niederlassung von Ausländerinnen und Ausländern
Art. 121
1 Die Gesetzgebung über die Ein- und Ausreise, den Aufenthalt und die Niederlassung
von Ausländerinnen und Ausländern sowie über die Gewährung von Asyl ist
Sache des Bundes.
2 Ausländerinnen und Ausländer können aus der Schweiz ausgewiesen werden,
wenn sie die Sicherheit des Landes gefährden.
10. Abschnitt: Zivilrecht, Strafrecht, Messwesen
Art. 122 Zivilrecht
1 Die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Zivilrechts ist Sache des Bundes.
2 Für die Organisation der Gerichte, das gerichtliche Verfahren und die Rechtsprechung
in Zivilsachen sind die Kantone zuständig.
3 Rechtskräftige Zivilurteile sind in der ganzen Schweiz vollstreckbar.
Art. 123 Strafrecht
1 Die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Strafrechts ist Sache des Bundes.
2 Angenommen in der Volksabstimmung vom 7. Februar 1999 (BBl 1999 2912) und BB
vom 28. Sept. 1999 (BBl 1999 8768).

2 Der Bund kann den Kantonen Beiträge gewähren:
a. für die Errichtung von Anstalten;
b. für Verbesserungen im Straf- und Massnahmenvollzug;
c. an Einrichtungen, die erzieherische Massnahmen an Kindern, Jugendlichen
und jungen Erwachsenen vollziehen.
3 Für die Organisation der Gerichte, das gerichtliche Verfahren und die Rechtsprechung
in Strafsachen sind die Kantone zuständig.
Art. 124 Opferhilfe
Bund und Kantone sorgen dafür, dass Personen, die durch eine Straftat in ihrer körperlichen,
psychischen oder sexuellen Unversehrtheit beeinträchtigt worden sind,
Hilfe erhalten und angemessen entschädigt werden, wenn sie durch die Straftat in
wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.
Art. 125 Messwesen
Die Gesetzgebung über das Messwesen ist Sache des Bundes.
3. Kapitel: Finanzordnung
Art. 126 Haushaltführung*
1 Der Bund hält seine Ausgaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht.
2 Er trägt einen allfälligen Fehlbetrag seiner Bilanz ab; dabei nimmt er Rücksicht auf
die Wirtschaftslage.
Art. 127 Grundsätze der Besteuerung
1 Die Ausgestaltung der Steuern, namentlich der Kreis der Steuerpflichtigen, der
Gegenstand der Steuer und deren Bemessung, ist in den Grundzügen im Gesetz
selbst zu regeln.
2 Soweit es die Art der Steuer zulässt, sind dabei insbesondere die Grundsätze der
Allgemeinheit und der Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie der Grundsatz der
Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu beachten.
3 Die interkantonale Doppelbesteuerung ist untersagt. Der Bund trifft die erforderlichen
Massnahmen.

Art. 128 Direkte Steuern*
1 Der Bund kann eine direkte Steuer erheben:
a. von höchstens 11,5 Prozent auf dem Einkommen der natürlichen Personen;
b. von höchstens 9,8 Prozent auf dem Reinertrag der juristischen Personen;
c. von höchstens 0,825 Promille auf dem Kapital und auf den Reserven der juris-
tischen Personen.
2 Der Bund nimmt bei der Festsetzung der Tarife auf die Belastung durch die direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden Rücksicht.
3 Bei der Steuer auf dem Einkommen der natürlichen Personen werden die Folgen
der kalten Progression periodisch ausgeglichen.
4 Die Steuer wird von den Kantonen veranlagt und eingezogen. Vom Rohertrag der
Steuer fallen drei Zehntel den Kantonen zu; davon wird mindestens ein Sechstel für
den Finanzausgleich unter den Kantonen verwendet.
Art. 129 Steuerharmonisierung
1 Der Bund legt Grundsätze fest über die Harmonisierung der direkten Steuern von
Bund, Kantonen und Gemeinden; er berücksichtigt die Harmonisierungsbestrebungen
der Kantone.
2 Die Harmonisierung erstreckt sich auf Steuerpflicht, Gegenstand und zeitliche
Bemessung der Steuern, Verfahrensrecht und Steuerstrafrecht. Von der Harmonisierung
ausgenommen bleiben insbesondere die Steuertarife, die Steuersätze und die
Steuerfreibeträge.
3 Der Bund kann Vorschriften gegen ungerechtfertigte steuerliche Vergünstigungen
erlassen.
Art. 130 Mehrwertsteuer*
1 Der Bund kann auf Lieferungen von Gegenständen und auf Dienstleistungen einschliesslich
Eigenverbrauch sowie auf Einfuhren eine Mehrwertsteuer mit einem
Höchstsatz von 6,5 Prozent erheben.
2 5 Prozent des Steuerertrags werden für Massnahmen zur Entlastung unterer Einkommensschichten
verwendet.
3 Ist wegen der Entwicklung des Altersaufbaus die Finanzierung der Alters-, Hinterlassenen-
und Invalidenversicherung nicht mehr gewährleistet, so kann der Satz
der Mehrwertsteuer in der Form eines Bundesgesetzes um höchstens 1 Prozentpunkt
angehoben werden3.

Art. 131 Besondere Verbrauchssteuern*
1 Der Bund kann besondere Verbrauchssteuern erheben auf:
a. Tabak und Tabakwaren;
b. gebrannten Wassern;
c. Bier;
d. Automobilen und ihren Bestandteilen;
e. Erdöl, anderen Mineralölen, Erdgas und den aus ihrer Verarbeitung gewonnenen
Produkten sowie auf Treibstoffen.
2 Er kann auf der Verbrauchssteuer auf Treibstoffen einen Zuschlag erheben.
3 Die Kantone erhalten 10 Prozent des Reinertrags aus der Besteuerung der gebrannten
Wasser. Diese Mittel sind zur Bekämpfung der Ursachen und Wirkungen
von Suchtproblemen zu verwenden.
Art. 132 Stempelsteuer und Verrechnungssteuer*
1 Der Bund kann auf Wertpapieren, auf Quittungen von Versicherungsprämien und
auf anderen Urkunden des Handelsverkehrs eine Stempelsteuer erheben; ausgenommen
von der Stempelsteuer sind Urkunden des Grundstück- und Grundpfandverkehrs.
2 Der Bund kann auf dem Ertrag von beweglichem Kapitalvermögen, auf Lotteriegewinnen
und auf Versicherungsleistungen eine Verrechnungssteuer erheben.
Art. 133 Zölle
Die Gesetzgebung über Zölle und andere Abgaben auf dem grenzüberschreitenden
Warenverkehr ist Sache des Bundes.
Art. 134 Ausschluss kantonaler und kommunaler Besteuerung
Was die Bundesgesetzgebung als Gegenstand der Mehrwertsteuer, der besonderen
Verbrauchssteuern, der Stempelsteuer und der Verrechnungssteuer bezeichnet oder
für steuerfrei erklärt, dürfen die Kantone und Gemeinden nicht mit gleichartigen
Steuern belasten.
Art. 135 Finanzausgleich
1 Der Bund fördert den Finanzausgleich unter den Kantonen.
2 Er berücksichtigt bei der Gewährung von Bundesbeiträgen die Finanzkraft der
Kantone und die Berggebiete.

4. Titel: Volk und Stände
1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen
Art. 136 Politische Rechte
1 Die politischen Rechte in Bundessachen stehen allen Schweizerinnen und Schweizern
zu, die das 18. Altersjahr zurückgelegt haben und die nicht wegen Geisteskrankheit
oder Geistesschwäche entmündigt sind. Alle haben die gleichen politischen
Rechte und Pflichten.
2 Sie können an den Nationalratswahlen und an den Abstimmungen des Bundes teilnehmen
sowie Volksinitiativen und Referenden in Bundesangelegenheiten ergreifen
und unterzeichnen.
Art. 137 Politische Parteien
Die politischen Parteien wirken an der Meinungs- und Willensbildung des Volkes
mit.
2. Kapitel: Initiative und Referendum
Art. 138 Volksinitiative auf Totalrevision der Bundesverfassung
1 100 000 Stimmberechtigte können eine Totalrevision der Bundesverfassung vorschlagen.
2 Dieses Begehren ist dem Volk zur Abstimmung zu unterbreiten.
Art. 139 Volksinitiative auf Teilrevision der Bundesverfassung
1 100 000 Stimmberechtigte können eine Teilrevision der Bundesverfassung verlangen.
2 Die Volksinitiative auf Teilrevision der Bundesverfassung kann die Form der allgemeinen
Anregung oder des ausgearbeiteten Entwurfs haben.
3 Verletzt die Initiative die Einheit der Form, die Einheit der Materie oder zwingende
Bestimmungen des Völkerrechts, so erklärt die Bundesversammlung sie für ganz
oder teilweise ungültig.
4 Ist die Bundesversammlung mit einer Initiative in der Form der allgemeinen Anregung
einverstanden, so arbeitet sie die Teilrevision im Sinn der Initiative aus und
unterbreitet sie Volk und Ständen zur Abstimmung. Lehnt sie die Initiative ab, so
unterbreitet sie diese dem Volk zur Abstimmung; das Volk entscheidet, ob der Initiative
Folge zu geben ist. Stimmt es zu, so arbeitet die Bundesversammlung eine
entsprechende Vorlage aus.
5 Eine Initiative in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs wird Volk und Ständen
zur Abstimmung unterbreitet. Die Bundesversammlung empfiehlt die Initiative zur Annahme oder zur Ablehnung. Empfiehlt sie die Ablehnung, so kann sie ihr einen
Gegenentwurf gegenüberstellen.
6 Volk und Stände stimmen gleichzeitig über die Initiative und den Gegenentwurf
ab. Die Stimmberechtigten können beiden Vorlagen zustimmen. Sie können angeben,
welcher Vorlage sie den Vorrang geben, falls beide angenommen werden; erzielt
dabei die eine Vorlage mehr Volks- und die andere mehr Standesstimmen, so
tritt keine der Vorlagen in Kraft.
Art. 140 Obligatorisches Referendum
1 Volk und Ständen werden zur Abstimmung unterbreitet:
a. die Änderungen der Bundesverfassung;
b. der Beitritt zu Organisationen für kollektive Sicherheit oder zu supranationalen
Gemeinschaften;
c. die dringlich erklärten Bundesgesetze, die keine Verfassungsgrundlage haben
und deren Geltungsdauer ein Jahr übersteigt; diese Bundesgesetze müssen
innerhalb eines Jahres nach Annahme durch die Bundesversammlung
zur Abstimmung unterbreitet werden.
2 Dem Volk werden zur Abstimmung unterbreitet:
a. die Volksinitiativen auf Totalrevision der Bundesverfassung;
b. die Volksinitiativen auf Teilrevision der Bundesverfassung in der Form der
allgemeinen Anregung, die von der Bundesversammlung abgelehnt worden
sind;
c. die Frage, ob eine Totalrevision der Bundesverfassung durchzuführen ist,
bei Uneinigkeit der beiden Räte.
Art. 141 Fakultatives Referendum
1 Auf Verlangen von 50 000 Stimmberechtigten oder acht Kantonen werden dem
Volk zur Abstimmung unterbreitet:
a. Bundesgesetze;
b. dringlich erklärte Bundesgesetze, deren Geltungsdauer ein Jahr übersteigt;
c. Bundesbeschlüsse, soweit Verfassung oder Gesetz dies vorsehen;
d. völkerrechtliche Verträge, die:
1. unbefristet und unkündbar sind;
2. den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen;
3. eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung herbeiführen.
2 Die Bundesversammlung kann weitere völkerrechtliche Verträge dem fakultativen
Referendum unterstellen.

Art. 142 Erforderliche Mehrheiten
1 Die Vorlagen, die dem Volk zur Abstimmung unterbreitet werden, sind angenommen,
wenn die Mehrheit der Stimmenden sich dafür ausspricht.
2 Die Vorlagen, die Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet werden, sind
angenommen, wenn die Mehrheit der Stimmenden und die Mehrheit der Stände sich
dafür aussprechen.
3 Das Ergebnis der Volksabstimmung im Kanton gilt als dessen Standesstimme.
4 Die Kantone Obwalden, Nidwalden, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell
Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden haben je eine halbe Standesstimme.
5. Titel: Bundesbehörden
1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen
Art. 143 Wählbarkeit
In den Nationalrat, in den Bundesrat und in das Bundesgericht sind alle Stimmberechtigten
wählbar.
Art. 144 Unvereinbarkeiten
1 Die Mitglieder des Nationalrates, des Ständerates, des Bundesrates sowie die
Richterinnen und Richter des Bundesgerichts können nicht gleichzeitig einer anderen
dieser Behörden angehören.
2 Die Mitglieder des Bundesrates und die vollamtlichen Richterinnen und Richter
des Bundesgerichts dürfen kein anderes Amt des Bundes oder eines Kantons bekleiden
und keine andere Erwerbstätigkeit ausüben.
3 Das Gesetz kann weitere Unvereinbarkeiten vorsehen.
Art. 145 Amtsdauer
Die Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates sowie die Bundeskanzlerin
oder der Bundeskanzler werden auf die Dauer von vier Jahren gewählt. Für die
Richterinnen und Richter des Bundesgerichts beträgt die Amtsdauer sechs Jahre.
Art. 146 Staatshaftung
Der Bund haftet für Schäden, die seine Organe in Ausübung amtlicher Tätigkeiten
widerrechtlich verursachen.
Art. 147 Vernehmlassungsverfahren
Die Kantone, die politischen Parteien und die interessierten Kreise werden bei der
Vorbereitung wichtiger Erlasse und anderer Vorhaben von grosser Tragweite sowie
bei wichtigen völkerrechtlichen Verträgen zur Stellungnahme eingeladen.

2. Kapitel: Bundesversammlung
1. Abschnitt: Organisation
Art. 148 Stellung
1 Die Bundesversammlung übt unter Vorbehalt der Rechte von Volk und Ständen
die oberste Gewalt im Bund aus.
2 Die Bundesversammlung besteht aus zwei Kammern, dem Nationalrat und dem
Ständerat; beide Kammern sind einander gleichgestellt.
Art. 149 Zusammensetzung und Wahl des Nationalrates
1 Der Nationalrat besteht aus 200 Abgeordneten des Volkes.
2 Die Abgeordneten werden vom Volk in direkter Wahl nach dem Grundsatz des
Proporzes bestimmt. Alle vier Jahre findet eine Gesamterneuerung statt.
3 Jeder Kanton bildet einen Wahlkreis.
4 Die Sitze werden nach der Bevölkerungszahl auf die Kantone verteilt. Jeder Kanton
hat mindestens einen Sitz.
Art. 150 Zusammensetzung und Wahl des Ständerates
1 Der Ständerat besteht aus 46 Abgeordneten der Kantone.
2 Die Kantone Obwalden, Nidwalden, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell
Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden wählen je eine Abgeordnete oder einen
Abgeordneten; die übrigen Kantone wählen je zwei Abgeordnete.
3 Die Wahl in den Ständerat wird vom Kanton geregelt.
Art. 151 Sessionen
1 Die Räte versammeln sich regelmässig zu Sessionen. Das Gesetz regelt die Einberufung.
2 Ein Viertel der Mitglieder eines Rates oder der Bundesrat können die Einberufung
der Räte zu einer ausserordentlichen Session verlangen.
Art. 152 Vorsitz
Jeder Rat wählt aus seiner Mitte für die Dauer eines Jahres eine Präsidentin oder einen
Präsidenten sowie die erste Vizepräsidentin oder den ersten Vizepräsidenten
und die zweite Vizepräsidentin oder den zweiten Vizepräsidenten. Die Wiederwahl
für das folgende Jahr ist ausgeschlossen.
Art. 153 Parlamentarische Kommissionen
1 Jeder Rat setzt aus seiner Mitte Kommissionen ein.
2 Das Gesetz kann gemeinsame Kommissionen vorsehen.

3 Das Gesetz kann einzelne Befugnisse, die nicht rechtsetzender Natur sind, an
Kommissionen übertragen.
4 Zur Erfüllung ihrer Aufgaben stehen den Kommissionen Auskunftsrechte, Einsichtsrechte
und Untersuchungsbefugnisse zu. Deren Umfang wird durch das Gesetz
geregelt.
Art. 154 Fraktionen
Die Mitglieder der Bundesversammlung können Fraktionen bilden.
Art. 155 Parlamentsdienste
Die Bundesversammlung verfügt über Parlamentsdienste. Sie kann Dienststellen der
Bundesverwaltung beiziehen. Das Gesetz regelt die Einzelheiten.
2. Abschnitt: Verfahren
Art. 156 Getrennte Verhandlung
1 Nationalrat und Ständerat verhandeln getrennt.
2 Für Beschlüsse der Bundesversammlung ist die Übereinstimmung beider Räte erforderlich.
Art. 157 Gemeinsame Verhandlung
1 Nationalrat und Ständerat verhandeln gemeinsam als Vereinigte Bundesversammlung
unter dem Vorsitz der Nationalratspräsidentin oder des Nationalratspräsidenten,
um:
a. Wahlen vorzunehmen;
b. Zuständigkeitskonflikte zwischen den obersten Bundesbehörden zu entscheiden;
c. Begnadigungen auszusprechen.
2 Die Vereinigte Bundesversammlung versammelt sich ausserdem bei besonderen
Anlässen und zur Entgegennahme von Erklärungen des Bundesrates.
Art. 158 Öffentlichkeit der Sitzungen
Die Sitzungen der Räte sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
Art. 159 Verhandlungsfähigkeit und erforderliches Mehr
1 Die Räte können gültig verhandeln, wenn die Mehrheit ihrer Mitglieder anwesend
ist.
2 In beiden Räten und in der Vereinigten Bundesversammlung entscheidet die
Mehrheit der Stimmenden.

3 Der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte bedürfen jedoch:
a. die Dringlicherklärung von Bundesgesetzen;
b. Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen,
die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder
neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich
ziehen.
4 Die Bundesversammlung kann diese Beträge mit einer Verordnung der Teuerung
anpassen.
Art. 160 Initiativrecht und Antragsrecht
1 Jedem Ratsmitglied, jeder Fraktion, jeder parlamentarischen Kommission und jedem
Kanton steht das Recht zu, der Bundesversammlung Initiativen zu unterbreiten.
2 Die Ratsmitglieder und der Bundesrat haben das Recht, zu einem in Beratung stehenden
Geschäft Anträge zu stellen.
Art. 161 Instruktionsverbot
1 Die Mitglieder der Bundesversammlung stimmen ohne Weisungen.
2 Sie legen ihre Interessenbindungen offen.
Art. 162 Immunität
1 Die Mitglieder der Bundesversammlung und des Bundesrates sowie die Bundeskanzlerin
oder der Bundeskanzler können für ihre Äusserungen in den Räten und in
deren Organen rechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden.
2 Das Gesetz kann weitere Arten der Immunität vorsehen und diese auf weitere Personen
ausdehnen.
3. Abschnitt: Zuständigkeiten
Art. 163 Form der Erlasse der Bundesversammlung
1 Die Bundesversammlung erlässt rechtsetzende Bestimmungen in der Form des
Bundesgesetzes oder der Verordnung.
2 Die übrigen Erlasse ergehen in der Form des Bundesbeschlusses; ein Bundesbeschluss,
der dem Referendum nicht untersteht, wird als einfacher Bundesbeschluss
bezeichnet.
Art. 164 Gesetzgebung
1 Alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen sind in der Form des Bundesgesetzes
zu erlassen. Dazu gehören insbesondere die grundlegenden Bestimmungen über:

a. die Ausübung der politischen Rechte;
b. die Einschränkungen verfassungsmässiger Rechte;
c. die Rechte und Pflichten von Personen;
d. den Kreis der Abgabepflichtigen sowie den Gegenstand und die Bemessung
von Abgaben;
e. die Aufgaben und die Leistungen des Bundes;
f. die Verpflichtungen der Kantone bei der Umsetzung und beim Vollzug des
Bundesrechts;
g. die Organisation und das Verfahren der Bundesbehörden.
2 Rechtsetzungsbefugnisse können durch Bundesgesetz übertragen werden, soweit
dies nicht durch die Bundesverfassung ausgeschlossen wird.
Art. 165 Gesetzgebung bei Dringlichkeit
1 Ein Bundesgesetz, dessen Inkrafttreten keinen Aufschub duldet, kann von der
Mehrheit der Mitglieder jedes Rates dringlich erklärt und sofort in Kraft gesetzt
werden. Es ist zu befristen.
2 Wird zu einem dringlich erklärten Bundesgesetz die Volksabstimmung verlangt, so
tritt dieses ein Jahr nach Annahme durch die Bundesversammlung ausser Kraft,
wenn es nicht innerhalb dieser Frist vom Volk angenommen wird.
3 Ein dringlich erklärtes Bundesgesetz, das keine Verfassungsgrundlage hat, tritt ein
Jahr nach Annahme durch die Bundesversammlung ausser Kraft, wenn es nicht innerhalb
dieser Frist von Volk und Ständen angenommen wird. Es ist zu befristen.
4 Ein dringlich erklärtes Bundesgesetz, das in der Abstimmung nicht angenommen
wird, kann nicht erneuert werden.
Art. 166 Beziehungen zum Ausland und völkerrechtliche Verträge
1 Die Bundesversammlung beteiligt sich an der Gestaltung der Aussenpolitik und
beaufsichtigt die Pflege der Beziehungen zum Ausland.
2 Sie genehmigt die völkerrechtlichen Verträge; ausgenommen sind die Verträge, für
deren Abschluss auf Grund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat
zuständig ist.
Art. 167 Finanzen
Die Bundesversammlung beschliesst die Ausgaben des Bundes, setzt den Voranschlag
fest und nimmt die Staatsrechnung ab.
Art. 168 Wahlen
1 Die Bundesversammlung wählt die Mitglieder des Bundesrates, die Bundeskanzlerin
oder den Bundeskanzler, die Richterinnen und Richter des Bundesgerichts sowie
den General.

2 Das Gesetz kann die Bundesversammlung ermächtigen, weitere Wahlen vorzunehmen
oder zu bestätigen.
Art. 169 Oberaufsicht
1 Die Bundesversammlung übt die Oberaufsicht aus über den Bundesrat und die
Bundesverwaltung, die eidgenössischen Gerichte und die anderen Träger von Aufgaben
des Bundes.
2 Den vom Gesetz vorgesehenen besonderen Delegationen von Aufsichtskommissionen
können keine Geheimhaltungspflichten entgegengehalten werden.
Art. 170 Überprüfung der Wirksamkeit
Die Bundesversammlung sorgt dafür, dass die Massnahmen des Bundes auf ihre
Wirksamkeit überprüft werden.
Art. 171 Aufträge an den Bundesrat
Die Bundesversammlung kann dem Bundesrat Aufträge erteilen. Das Gesetz regelt
die Einzelheiten, insbesondere die Instrumente, mit welchen die Bundesversammlung
auf den Zuständigkeitsbereich des Bundesrates einwirken kann.
Art. 172 Beziehungen zwischen Bund und Kantonen
1 Die Bundesversammlung sorgt für die Pflege der Beziehungen zwischen Bund und
Kantonen.
2 Sie gewährleistet die Kantonsverfassungen.
3 Sie genehmigt die Verträge der Kantone unter sich und mit dem Ausland, wenn
der Bundesrat oder ein Kanton Einsprache erhebt.
Art. 173 Weitere Aufgaben und Befugnisse
1 Die Bundesversammlung hat zudem folgende Aufgaben und Befugnisse:
a. Sie trifft Massnahmen zur Wahrung der äusseren Sicherheit, der Unabhängigkeit
und der Neutralität der Schweiz.
b. Sie trifft Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit.
c. Wenn ausserordentliche Umstände es erfordern, kann sie zur Erfüllung der
Aufgaben nach den Buchstaben a und b Verordnungen oder einfache Bundesbeschlüsse
erlassen.
d. Sie ordnet den Aktivdienst an und bietet dafür die Armee oder Teile davon
auf.
e. Sie trifft Massnahmen zur Durchsetzung des Bundesrechts.
f. Sie befindet über die Gültigkeit zu Stande gekommener Volksinitiativen.
g. Sie wirkt bei den wichtigen Planungen der Staatstätigkeit mit.

h. Sie entscheidet über Einzelakte, soweit ein Bundesgesetz dies ausdrücklich
vorsieht.
i. Sie entscheidet Zuständigkeitskonflikte zwischen den obersten Bundesbehörden.
k. Sie spricht Begnadigungen aus und entscheidet über Amnestie.
2 Die Bundesversammlung behandelt ausserdem Geschäfte, die in die Zuständigkeit
des Bundes fallen und keiner anderen Behörde zugewiesen sind.
3 Das Gesetz kann der Bundesversammlung weitere Aufgaben und Befugnisse übertragen.
3. Kapitel: Bundesrat und Bundesverwaltung
1. Abschnitt: Organisation und Verfahren
Art. 174 Bundesrat
Der Bundesrat ist die oberste leitende und vollziehende Behörde des Bundes.
Art. 175 Zusammensetzung und Wahl
1 Der Bundesrat besteht aus sieben Mitgliedern.
2 Die Mitglieder des Bundesrates werden von der Bundesversammlung nach jeder
Gesamterneuerung des Nationalrates gewählt.
3 Sie werden aus allen Schweizerbürgerinnen und Schweizerbürgern, welche als
Mitglieder des Nationalrates wählbar sind, auf die Dauer von vier Jahren gewählt.4
4 Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, dass die Landesgegenden und Sprachregionen
angemessen vertreten sind.5
Art. 176 Vorsitz
1 Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident führt den Vorsitz im Bundesrat.
2 Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident und die Vizepräsidentin oder der
Vizepräsident des Bundesrates werden von der Bundesversammlung aus den Mitgliedern
des Bundesrates auf die Dauer eines Jahres gewählt.
3 Die Wiederwahl für das folgende Jahr ist ausgeschlossen. Die Bundespräsidentin
oder der Bundespräsident kann nicht zur Vizepräsidentin oder zum Vizepräsidenten
des folgenden Jahres gewählt werden.

Art. 177 Kollegial- und Departementalprinzip
1 Der Bundesrat entscheidet als Kollegium.
2 Für die Vorbereitung und den Vollzug werden die Geschäfte des Bundesrates nach
Departementen auf die einzelnen Mitglieder verteilt.
3 Den Departementen oder den ihnen unterstellten Verwaltungseinheiten werden
Geschäfte zur selbstständigen Erledigung übertragen; dabei muss der Rechtsschutz
sichergestellt sein.
Art. 178 Bundesverwaltung
1 Der Bundesrat leitet die Bundesverwaltung. Er sorgt für ihre zweckmässige Organisation
und eine zielgerichtete Erfüllung der Aufgaben.
2 Die Bundesverwaltung wird in Departemente gegliedert; jedem Departement steht
ein Mitglied des Bundesrates vor.
3 Verwaltungsaufgaben können durch Gesetz Organisationen und Personen des öffentlichen
oder des privaten Rechts übertragen werden, die ausserhalb der Bundesverwaltung
stehen.
Art. 179 Bundeskanzlei
Die Bundeskanzlei ist die allgemeine Stabsstelle des Bundesrates. Sie wird von einer
Bundeskanzlerin oder einem Bundeskanzler geleitet.
2. Abschnitt: Zuständigkeiten
Art. 180 Regierungspolitik
1 Der Bundesrat bestimmt die Ziele und die Mittel seiner Regierungspolitik. Er plant
und koordiniert die staatlichen Tätigkeiten.
2 Er informiert die Öffentlichkeit rechtzeitig und umfassend über seine Tätigkeit,
soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen.
Art. 181 Initiativrecht
Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung Entwürfe zu ihren Erlassen.
Art. 182 Rechtsetzung und Vollzug
1 Der Bundesrat erlässt rechtsetzende Bestimmungen in der Form der Verordnung,
soweit er durch Verfassung oder Gesetz dazu ermächtigt ist.
2 Er sorgt für den Vollzug der Gesetzgebung, der Beschlüsse der Bundesversammlung
und der Urteile richterlicher Behörden des Bundes.

Art. 183 Finanzen
1 Der Bundesrat erarbeitet den Finanzplan, entwirft den Voranschlag und erstellt die
Staatsrechnung.
2 Er sorgt für eine ordnungsgemässe Haushaltführung.
Art. 184 Beziehungen zum Ausland
1 Der Bundesrat besorgt die auswärtigen Angelegenheiten unter Wahrung der Mitwirkungsrechte
der Bundesversammlung; er vertritt die Schweiz nach aussen.
2 Er unterzeichnet die Verträge und ratifiziert sie. Er unterbreitet sie der Bundesversammlung
zur Genehmigung.
3 Wenn die Wahrung der Interessen des Landes es erfordert, kann der Bundesrat
Verordnungen und Verfügungen erlassen. Verordnungen sind zu befristen.
Art. 185 Äussere und innere Sicherheit
1 Der Bundesrat trifft Massnahmen zur Wahrung der äusseren Sicherheit, der Unabhängigkeit
und der Neutralität der Schweiz.
2 Er trifft Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit.
3 Er kann, unmittelbar gestützt auf diesen Artikel, Verordnungen und Verfügungen
erlassen, um eingetretenen oder unmittelbar drohenden schweren Störungen der öffentlichen
Ordnung oder der inneren oder äusseren Sicherheit zu begegnen. Solche
Verordnungen sind zu befristen.
4 In dringlichen Fällen kann er Truppen aufbieten. Bietet er mehr als 4000 Angehörige
der Armee für den Aktivdienst auf oder dauert dieser Einsatz voraussichtlich
länger als drei Wochen, so ist unverzüglich die Bundesversammlung einzuberufen.
Art. 186 Beziehungen zwischen Bund und Kantonen
1 Der Bundesrat pflegt die Beziehungen des Bundes zu den Kantonen und arbeitet
mit ihnen zusammen.
2 Er genehmigt die Erlasse der Kantone, wo es die Durchführung des Bundesrechts
verlangt.
3 Er kann gegen Verträge der Kantone unter sich oder mit dem Ausland Einsprache
erheben.
4 Er sorgt für die Einhaltung des Bundesrechts sowie der Kantonsverfassungen und
der Verträge der Kantone und trifft die erforderlichen Massnahmen.
Art. 187 Weitere Aufgaben und Befugnisse
1 Der Bundesrat hat zudem folgende Aufgaben und Befugnisse:
a. Er beaufsichtigt die Bundesverwaltung und die anderen Träger von Aufgaben
des Bundes.

b. Er erstattet der Bundesversammlung regelmässig Bericht über seine Geschäftsführung
sowie über den Zustand der Schweiz.
c. Er nimmt die Wahlen vor, die nicht einer anderen Behörde zustehen.
d. Er behandelt Beschwerden, soweit das Gesetz es vorsieht.
2 Das Gesetz kann dem Bundesrat weitere Aufgaben und Befugnisse übertragen.
4. Kapitel: Bundesgericht
Art. 188 Stellung
1 Das Bundesgericht ist die oberste rechtsprechende Behörde des Bundes.
2 Das Gesetz bestimmt die Organisation und das Verfahren.
3 Das Bundesgericht bestellt seine Verwaltung.
4 Bei der Wahl der Richterinnen und Richter des Bundesgerichts nimmt die Bundesversammlung
auf eine Vertretung der Amtssprachen Rücksicht.
Art. 189 Verfassungsgerichtsbarkeit
1 Das Bundesgericht beurteilt:
a. Beschwerden wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte;
b. Beschwerden wegen Verletzung der Gemeindeautonomie und anderer Garantien
der Kantone zu Gunsten öffentlichrechtlicher Körperschaften;
c. Beschwerden wegen Verletzung von Staatsverträgen oder von Verträgen der
Kantone;
d. öffentlichrechtliche Streitigkeiten zwischen Bund und Kantonen oder zwischen
Kantonen.
2 Das Gesetz kann bestimmte Fälle anderen Bundesbehörden zur Entscheidung zuweisen.
Art. 190 Zivil-, Straf- und Verwaltungsgerichtsbarkeit
1 Das Gesetz bestimmt die Zuständigkeit des Bundesgerichts in Zivil-, Straf- und
Verwaltungssachen sowie in anderen Bereichen des Rechts.
2 Die Kantone können dem Bundesgericht mit Zustimmung der Bundesversammlung
Streitigkeiten aus dem kantonalen Verwaltungsrecht zur Beurteilung zuweisen.
Art. 191 Massgebendes Recht
Bundesgesetze und Völkerrecht sind für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden
Behörden massgebend.

6. Titel: Revision der Bundesverfassung und Übergangsbestimmungen
1. Kapitel: Revision
Art. 192 Grundsatz
1 Die Bundesverfassung kann jederzeit ganz oder teilweise revidiert werden.
2 Wo die Bundesverfassung und die auf ihr beruhende Gesetzgebung nichts anderes
bestimmen, erfolgt die Revision auf demWeg der Gesetzgebung.
Art. 193 Totalrevision
1 Eine Totalrevision der Bundesverfassung kann vom Volk oder von einem der beiden
Räte vorgeschlagen oder von der Bundesversammlung beschlossen werden.
2 Geht die Initiative vom Volk aus oder sind sich die beiden Räte uneinig, so entscheidet
das Volk über die Durchführung der Totalrevision.
3 Stimmt das Volk der Totalrevision zu, so werden die beiden Räte neu gewählt.
4 Die zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts dürfen nicht verletzt werden.
Art. 194 Teilrevision
1 Eine Teilrevision der Bundesverfassung kann vom Volk verlangt oder von der
Bundesversammlung beschlossen werden.
2 Die Teilrevision muss die Einheit der Materie wahren und darf die zwingenden
Bestimmungen des Völkerrechts nicht verletzen.
3 Die Volksinitiative auf Teilrevision muss zudem die Einheit der Form wahren.
Art. 195 Inkrafttreten
Die ganz oder teilweise revidierte Bundesverfassung tritt in Kraft, wenn sie von
Volk und Ständen angenommen ist.
2. Kapitel: Übergangsbestimmungen
Art. 196
1. Übergangsbestimmung zu Art. 84 (Alpenquerender Transitverkehr)
Die Verlagerung des Gütertransitverkehrs auf die Schiene muss zehn Jahre nach der
Annahme der Volksinitiative zum Schutz des Alpengebietes vor dem Transitverkehr
abgeschlossen sein.
2. Übergangsbestimmung zu Art. 85 (Pauschale Schwerverkehrsabgabe)
1 Der Bund erhebt für die Benützung der dem allgemeinen Verkehr geöffneten
Strassen auf in- und ausländischen Motorfahrzeugen und Anhängern mit einem Gesamtgewicht
von je über 3,5 t eine jährliche Abgabe.

2 Diese Abgabe beträgt:
a. für Lastwagen und Sattelmotorfahrzeuge von
– über 3,5 bis 12 t Fr. 0650
– über 12 bis 18 t Fr. 2000
– über 18 bis 26 t Fr. 3000
– über 26 t Fr. 4000
b. für Anhänger von
– über 3,5 bis 8 t Fr. 0650
– über 8 bis 10 t Fr. 1500
– von über 10 t Fr. 2000
c. für Gesellschaftswagen Fr. 0650
3 Die Abgabesätze können in der Form eines Bundesgesetzes angepasst werden, sofern
die Strassenverkehrskosten dies rechtfertigen.
4 Ausserdem kann der Bundesrat die Tarifkategorie ab 12 t nach Absatz 2 auf dem
Verordnungsweg an allfällige Änderungen der Gewichtskategorien im Strassenverkehrsgesetz
anpassen.
5 Der Bundesrat bestimmt für Fahrzeuge, die nicht das ganze Jahr in der Schweiz im
Verkehr stehen, entsprechend abgestufte Abgabesätze; er berücksichtigt den Erhebungsaufwand.
6 Der Bundesrat regelt den Vollzug. Er kann für besondere Fahrzeugkategorien die
Ansätze im Sinne von Absatz 2 festlegen, bestimmte Fahrzeuge von der Abgabe befreien
und Sonderregelungen treffen, insbesondere für Fahrten im Grenzbereich.
Dadurch dürfen im Ausland immatrikulierte Fahrzeuge nicht besser gestellt werden
als schweizerische. Der Bundesrat kann für Übertretungen Bussen vorsehen. Die
Kantone ziehen die Abgabe für die im Inland immatrikulierten Fahrzeuge ein.
7 Auf dem Weg der Gesetzgebung kann ganz oder teilweise auf diese Abgabe verzichtet
werden.
8 Diese Bestimmung gilt bis zum Inkrafttreten des Schwerverkehrsabgabegesetzes
vom 19. Dezember 1997.
3. Übergangsbestimmung zu Art. 87 (Eisenbahnen und weitere Verkehrsträger)
1Die Eisenbahngrossprojekte umfassen die Neue Eisenbahn-Alpentransversale
(NEAT), BAHN 2000, den Anschluss der Ost- und Westschweiz an das europäische
Eisenbahn-Hochleistungsnetz sowie die Verbesserung des Lärmschutzes entlang der
Eisenbahnstrecken durch aktive und passive Massnahmen.
2Der Bundesrat kann zur Finanzierung der Eisenbahngrossprojekte:
a. den vollen Ertrag der pauschalen Schwerverkehrsabgabe nach Artikel 196
Ziffer 2 bis zur Inkraftsetzung der leistungs- oder verbrauchsabhängigen
Schwerverkehrsabgabe nach Artikel 85 verwenden und dafür die Abgabesätze
bis um höchstens 100 Prozent erhöhen;
b. höchstens zwei Drittel des Ertrags der leistungs- oder verbrauchsabhängigen
Schwerverkehrsabgabe nach Artikel 85 verwenden;

c. Mineralölsteuermittel nach Artikel 86 Absatz 3 Buchstabe b verwenden, um
25 Prozent der Gesamtaufwendungen für die Basislinien der NEAT zu dekken;
d. Mittel auf dem Kapitalmarkt aufnehmen, höchstens aber 25 Prozent der Gesamtaufwendungen
für die NEAT, BAHN 2000 und den Anschluss der Ostund
Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz;
e. sämtliche in Artikel 196 Ziffer 14 sowie nach Artikel 130 festgesetzten Sätze
der Mehrwertsteuer (inkl. Zuschlag) um 0,1 Prozentpunkt anheben;
f. eine ergänzende Finanzierung durch Private oder durch internationale Organisationen
vorsehen.
3 Die Finanzierung der Eisenbahngrossprojekte gemäss Absatz 1 erfolgt über einen
rechtlich unselbständigen Fonds mit eigener Rechnung. Die Mittel aus den in Absatz
2 erwähnten Abgaben und Steuern werden über die Finanzrechnung des Bundes
verbucht und im gleichen Jahr in den Fonds eingelegt. Der Bund kann dem Fonds
Vorschüsse gewähren. Die Bundesversammlung erlässt das Fondsreglement in der
Form einer Verordnung.
4 Die vier Eisenbahngrossprojekte gemäss Absatz 1 werden in der Form von Bundesgesetzen
beschlossen. Für jedes Grossprojekt als Ganzes sind Bedarf und Ausführungsreife
nachzuweisen. Beim NEAT-Projekt bilden die einzelnen Bauphasen
Bestandteil des Bundesgesetzes. Die Bundesversammlung bewilligt die erforderlichen
Mittel mit Verpflichtungskrediten. Der Bundesrat genehmigt die Bauetappen
und bestimmt den Zeitplan.
5Diese Bestimmung gilt bis zum Abschluss der Bauarbeiten und der Finanzierung
(Rückzahlung der Bevorschussung) der in Absatz 1 erwähnten Eisenbahngrossprojekte.
4. Übergangsbestimmung zu Art. 90 (Kernenergie)
Bis zum 23. September 2000 werden keine Rahmen-, Bau-, Inbetriebnahme- oder
Betriebsbewilligungen für neue Einrichtungen zur Erzeugung von Kernenergie erteilt.
5. Übergangsbestimmung zu Art. 95 (Privatwirtschaftliche Erwerbstätigkeit)
Bis zum Erlass einer Bundesgesetzgebung sind die Kantone zur gegenseitigen Anerkennung
von Ausbildungsabschlüssen verpflichtet.
6. Übergangsbestimmung zu Art. 102 (Landesversorgung)
1 Der Bund stellt die Versorgung des Landes mit Brotgetreide und Backmehl sicher.
2 Diese Übergangsbestimmung bleibt längstens bis zum 31. Dezember 2003 in
Kraft.
7. Übergangsbestimmung zu Art. 103 (Strukturpolitik)
Die Kantone können während längstens zehn Jahren ab Inkrafttreten der Verfassung
bestehende Regelungen beibehalten, welche zur Sicherung der Existenz bedeutender
Teile eines bestimmten Zweigs des Gastgewerbes die Eröffnung von Betrieben vom
Bedürfnis abhängig machen.

8. Übergangsbestimmung zu Art. 106 (Glücksspiele)
1 Artikel 106 tritt mit dem Inkrafttreten eines neuen Bundesgesetzes über Glücksspiele
und Spielbanken in Kraft.
2 Bis zu diesem Zeitpunkt gelten die nachfolgenden Bestimmungen:
a. Die Errichtung und der Betrieb von Spielbanken sind verboten.
b. Die Kantonsregierungen können unter den vom öffentlichen Wohl geforderten
Beschränkungen den Betrieb der bis zum Frühjahr 1925 in den Kursälen
üblich gewesenen Unterhaltungsspiele gestatten, sofern ein solcher
Betrieb nach dem Ermessen der Bewilligungsbehörde zur Erhaltung oder zur
Förderung des Fremdenverkehrs als notwendig erscheint und durch eine
Kursaalunternehmung geschieht, welche diesem Zweck dient. Die Kantone
können auch Spiele dieser Art verbieten.
c. Über die vom öffentlichen Wohl geforderten Beschränkungen wird der Bundesrat
eine Verordnung erlassen. Der Einsatz darf 5 Franken nicht übersteigen.
d. Jede kantonale Bewilligung unterliegt der bundesrätlichen Genehmigung.
e. Ein Viertel der Roheinnahmen aus dem Spielbetrieb ist dem Bund abzuliefern,
der diesen Anteil ohne Anrechnung auf seine eigenen Leistungen den
Opfern von Elementarschäden sowie gemeinnützigen Fürsorgeeinrichtungen
zuwenden soll.
f. Der Bund kann auch in Beziehung auf die Lotterien geeignete Massnahmen
treffen.
9. Übergangsbestimmung zu Art. 110 Abs. 3 (Bundesfeiertag)
1 Bis zum Inkrafttreten der geänderten Bundesgesetzgebung regelt der Bundesrat die
Einzelheiten.
2 Der Bundesfeiertag wird der Zahl der Feiertage nach Artikel 18 Absatz 2 des Arbeitsgesetzes
nicht angerechnet.
10. Übergangsbestimmung zu Art. 112 (Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung)
Solange die eidgenössische Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung den
Existenzbedarf nicht deckt, richtet der Bund den Kantonen Beiträge an die Finanzierung
von Ergänzungsleistungen aus.
11. Übergangsbestimmung zu Art. 113 (Berufliche Vorsorge)
Versicherte, die zur Eintrittsgeneration gehören und deswegen nicht über die volle
Beitragszeit verfügen, sollen je nach Höhe ihres Einkommens innert 10 bis
20 Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestschutz
erhalten.
12. Übergangsbestimmung zu Art. 126 (Haushaltführung)
1 Die Ausgabenüberschüsse in der Finanzrechnung des Bundes sind durch Einsparungen
zu verringern, bis der Rechnungsausgleich imWesentlichen erreicht ist.

2 Der Ausgabenüberschuss darf im Rechnungsjahr 1999 5 Milliarden Franken und
im Rechnungsjahr 2000 2,5 Milliarden Franken nicht überschreiten; im Rechnungsjahr
2001 muss er auf höchstens 2 Prozent der Einnahmen abgebaut sein.
3 Wenn es die Wirtschaftslage erfordert, kann die Mehrheit der Mitglieder beider
Räte die Fristen nach Absatz 2 durch eine Verordnung um insgesamt höchstens zwei
Jahre erstrecken.
4 Bundesversammlung und Bundesrat berücksichtigen die Vorgaben nach Absatz 2
bei der Erstellung des Voranschlags und des mehrjährigen Finanzplans sowie bei
der Behandlung aller Vorlagen mit finanziellen Auswirkungen.
5 Der Bundesrat nutzt beim Vollzug des Voranschlags die sich bietenden Sparmöglichkeiten.
Dazu kann er bereits bewilligte Verpflichtungs- und Zahlungskredite
sperren. Gesetzliche Ansprüche und im Einzelfall rechtskräftig zugesicherte Leistungen
bleiben vorbehalten.
6 Werden die Vorgaben nach Absatz 2 verfehlt, so legt der Bundesrat fest, welcher
Betrag zusätzlich eingespart werden muss. Zu diesem Zweck:
a. beschliesst er zusätzliche Einsparungen in seiner Zuständigkeit;
b. beantragt er der Bundesversammlung die für zusätzliche Einsparungen notwendigen
Änderungen von Gesetzen.
7 Der Bundesrat bemisst den Gesamtbetrag der zusätzlichen Einsparungen so, dass
die Vorgaben mit höchstens zweijähriger Verspätung erreicht werden können. Die
Einsparungen sollen sowohl bei den Leistungen an Dritte als auch im bundeseigenen
Bereich vorgenommen werden.
8 Die eidgenössischen Räte beschliessen über die Anträge des Bundesrates in derselben
Session und setzen ihren Erlass nach Artikel 165 der Verfassung in Kraft; sie
sind an den Betrag der Sparvorhaben des Bundesrates nach Absatz 6 gebunden.
9 Übersteigt der Ausgabenüberschuss in einem späteren Rechnungsjahr erneut
2 Prozent der Einnahmen, so ist er im jeweils folgenden Rechnungsjahr auf diesen
Zielwert abzubauen. Wenn die Wirtschaftslage es erfordert, kann die Bundesversammlung
die Frist durch eine Verordnung um höchstens zwei Jahre erstrecken. Im
Übrigen richtet sich das Vorgehen nach den Absätzen 4–8.
10 Diese Bestimmung gilt so lange, bis sie durch verfassungsrechtliche Massnahmen
zur Defizit- und Verschuldensbegrenzung abgelöst wird.
13. Übergangsbestimmung zu Art. 128 (Dauer der Steuererhebung)
Die Befugnis zur Erhebung der direkten Bundessteuer ist bis Ende 2006 befristet.
14. Übergangsbestimmung zu Art. 130 (Mehrwertsteuer)
1 Bis zum Inkrafttreten eines Mehrwertsteuergesetzes werden die Ausführungsbestimmungen
durch den Bundesrat erlassen. Für die Ausführungsbestimmungen gelten
die folgenden Grundsätze:
a. Der Steuer unterliegen:
1. die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen, die ein
Unternehmen im Inland gegen Entgelt ausführt (einschliesslich Eigenverbrauch);
2. die Einfuhr von Gegenständen.
b. Von der Steuer sind, ohne Anspruch auf Vorsteuerabzug, ausgenommen:
1. die von der Schweizerischen Post im Rahmen der reservierten Dienste
erbrachten Leistungen mit Ausnahme der Personenbeförderung;
2. die Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens;
3. die Leistungen im Bereich der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit;
4. die Leistungen im Bereich der Erziehung, des Unterrichts sowie der
Kinder- und Jugendbetreuung;
5. die kulturellen Leistungen;
6. die Versicherungsumsätze;
7. die Umsätze im Bereich des Geld- und Kapitalverkehrs mit Ausnahme
der Vermögensverwaltung und des Inkassogeschäfts;
8. die Übertragung, die Vermietung auf Dauer sowie die Verpachtung von
Grundstücken;
9. Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele;
10. die Leistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben ihren Mitgliedern
gegen einen statutarisch festgesetzten Beitrag erbringen;
11. die Lieferungen von als solchen verwendeten inländischen amtlichen
Wertzeichen.
Zur Wahrung der Wettbewerbsneutralität oder zur Vereinfachung der Steuererhebung
kann die freiwillige Versteuerung von in diesem Buchstaben genannten
Umsätzen mit Anspruch auf Vorsteuerabzug zugelassen werden.
c. Von der Steuer sind, mit Anspruch auf Vorsteuerabzug, befreit:
1. die Ausfuhr von Gegenständen und die ins Ausland erbrachten Dienstleistungen;
2. die mit der Ausfuhr oder Durchfuhr von Gegenständen zusammenhängenden
Dienstleistungen.
d. Von der Steuerpflicht für die Umsätze im Inland sind ausgenommen:
1. Unternehmen mit einem jährlichen steuerbaren Gesamtumsatz von
nicht mehr als 75 000 Franken;
2. Unternehmen mit einem jährlichen steuerbaren Gesamtumsatz von
nicht mehr als 250 000 Franken, sofern der Steuerbetrag, nach Abzug
der Vorsteuer, regelmässig 4000 Franken pro Jahr nicht übersteigt;
3. Landwirte, Forstwirte und Gärtner, die ausschliesslich Erzeugnisse aus
dem eigenen Betrieb liefern, sowie Viehhändler;
4. Kunstmaler und Bildhauer für die von ihnen persönlich hergestellten
Kunstwerke.

Zur Wahrung der Wettbewerbsneutralität oder zur Vereinfachung der Steuererhebung
kann die freiwillige Unterstellung unter die Steuerpflicht mit
Anspruch auf Vorsteuerabzug zugelassen werden.
e. Die Steuer beträgt:
1. 2,0 Prozent auf den Lieferungen und der Einfuhr folgender Gegenstände,
die der Bundesrat näher umschreiben kann:
– Wasser in Leitungen,
– Ess- und Trinkwaren, ausgenommen alkoholische Getränke,
– Vieh, Geflügel, Fische,
– Getreide,
– Sämereien, Setzknollen und -zwiebeln, lebende Pflanzen, Stecklinge,
Pfropfreiser sowie Schnittblumen und Zweige, auch zu
Sträussen, Kränzen und dergleichen gebunden,
– Futtermittel, Silagesäuren, Streumittel, Düngemittel und Pflanzenschutzstoffe,
– Medikamente,
– Zeitungen, Zeitschriften, Bücher und andere Druckerzeugnisse in
dem vom Bundesrat zu bestimmenden Ausmass;
2. 2,0 Prozent auf den Leistungen der Radio- und Fernsehanstalten mit
Ausnahme derjenigen mit gewerblichem Charakter;
3. 6,5 Prozent auf den Lieferungen und der Einfuhr anderer Gegenstände
sowie auf allen übrigen der Steuer unterstellten Leistungen.
f. Die Steuer wird vom Entgelt berechnet; beim Fehlen eines Entgelts sowie
bei der Einfuhr ist der Wert des Gegenstandes oder der Dienstleistung massgebend.
g. Die Steuer schuldet:
1. der Steuerpflichtige, der einen steuerbaren Umsatz bewirkt;
2. der Empfänger von Dienstleistungen, die aus dem Ausland bezogen
werden, sofern deren Gesamtbetrag jährlich 10 000 Franken übersteigt;
3. der Zollzahlungs- oder Zollmeldepflichtige, der einen Gegenstand einführt.
h. Der Steuerpflichtige schuldet die Steuer auf seinem steuerbaren Umsatz;
verwendet er die ihm gelieferten Gegenstände und die ihm erbrachten
Dienstleistungen für steuerbare Umsätze im In- oder Ausland, so kann er in
seiner Steuerabrechnung von der von ihm geschuldeten Steuer als Vorsteuer
abziehen:
1. die von anderen Steuerpflichtigen auf ihn überwälzte und
2. die auf der Einfuhr von Gegenständen oder auf dem Bezug von Dienstleistungen
aus dem Ausland entrichtete Steuer;
3. 2,0 Prozent des Preises der Urprodukte, die er von nicht steuerpflichtigen
Unternehmen nach Buchstabe d Ziffer 3 bezogen hat.
Für Ausgaben, die keinen geschäftlichen Charakter haben, besteht kein Vorsteuerabzugsrecht.

i. Über die Steuer und die Vorsteuer wird in der Regel vierteljährlich abgerechnet.
k. Für die Umsatzbesteuerung von Münz- und Feingold sowie von Gegenständen,
die bereits einer fiskalischen Sonderbelastung unterliegen, können abweichende
Bestimmungen erlassen werden.
l. Vereinfachungen können angeordnet werden, wenn sich daraus weder auf
die Steuereinnahmen noch auf die Wettbewerbsverhältnisse in wesentlichem
Ausmass Auswirkungen ergeben und sofern dadurch die Steuerabrechnung
für andere Steuerpflichtige nicht übermässig erschwert wird.
m. Steuerhinterziehung und Steuergefährdung werden analog dem übrigen
Steuerstrafrecht des Bundes bestraft.
n. Die in Artikel 7 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht für die
Strafbarkeit der Geschäftsbetriebe vorgesehene Sonderordnung kann auch
auf Fälle angewendet werden, in denen eine Busse von mehr als 5000 Franken
in Betracht kommt.
2 Während der ersten fünf Jahre nach Einführung der Mehrwertsteuer werden pro
Jahr 5 Prozent des Ertrages dieser Steuer für die Prämienverbilligung in der Krankenversicherung
zu Gunsten unterer Einkommensschichten verwendet. Die Bundesversammlung
beschliesst, wie dieser zweckgebundene Anteil der Mehrwertsteuer
nach Ablauf dieser Frist weiterzuverwenden ist.
3 Für bestimmte im Inland erbrachte Tourismusleistungen kann der Bund im Gesetz
einen tieferen Satz der Mehrwertsteuer festlegen, sofern diese Dienstleistungen in
erheblichem Ausmass durch Ausländer konsumiert werden und die Wettbewerbsfähigkeit
es erfordert6.
4 Die Befugnis zur Erhebung der Mehrwertsteuer ist bis Ende 2006 befristet.
15. Übergangsbestimmung zu Art. 131 (Biersteuer)
Die Biersteuer wird bis zum Erlass eines Bundesgesetzes nach dem bisherigen Recht
erhoben.
16. Übergangsbestimmung zu Art. 132 (Kantonsanteil an der Verrechnungssteuer)
Bis zur Neuordnung des Finanzausgleichs unter den Kantonen beträgt der Kantonsanteil
am Ertrag der Verrechnungssteuer 12 Prozent. Liegt der Satz der Verrechnungssteuer
über 30 Prozent, so beträgt der Kantonsanteil 10 Prozent.

II
1 Die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874
wird aufgehoben.
2 Die folgenden Bestimmungen der Bundesverfassung, die in Gesetzesrecht zu
überführen sind, gelten weiter bis zum Inkrafttreten der entsprechenden gesetzlichen
Bestimmungen:
a. Art. 32quater Abs. 6 7
Das Hausieren mit geistigen Getränken sowie ihr Verkauf im Umherziehen
sind untersagt.
b. Art. 36quinquies Abs. 1 erster Satz, 2 zweiter - letzter Satz und 4 zweiter Satz8
1 Der Bund erhebt für die Benützung der Nationalstrassen erster und zweiter
Klasse auf in- und ausländischen Motorfahrzeugen und Anhängern bis zu
einem Gesamtgewicht von je 3,5 Tonnen eine jährliche Abgabe von
40 Franken. ...
2 ... Der Bundesrat kann bestimmte Fahrzeuge von der Abgabe befreien und
Sonderregelungen treffen, insbesondere für Fahrten im Grenzbereich. Dadurch
dürfen im Ausland immatrikulierte Fahrzeuge nicht besser gestellt
werden als schweizerische. Der Bundesrat kann für Übertretungen Bussen
vorsehen. Die Kantone ziehen die Abgabe für die im Inland immatrikulierten
Fahrzeuge ein und überwachen die Einhaltung der Vorschriften bei allen
Fahrzeugen.
4 ... Das Gesetz kann die Abgabe auf weitere Fahrzeugkategorien, die nicht
der Schwerverkehrsabgabe unterstehen, ausdehnen.
c. Art. 121bis Abs. 1, 2 und Abs. 3 erster und zweiter Satz9
1 Beschliesst die Bundesversammlung einen Gegenentwurf, so werden den
Stimmberechtigten auf dem gleichen Stimmzettel drei Fragen vorgelegt. Jeder
Stimmberechtigte kann uneingeschränkt erklären:
1. ob er das Volksbegehren dem geltenden Recht vorziehe;
2. ob er den Gegenentwurf dem geltenden Recht vorziehe;
3. welche der beiden Vorlagen in Kraft treten soll, falls Volk und Stände
beide Vorlagen dem geltenden Recht vorziehen sollten.
2 Das absolute Mehr wird für jede Frage getrennt ermittelt. Unbeantwortete
Fragen fallen ausser Betracht.
3 Werden sowohl das Volksbegehren als auch der Gegenentwurf angenommen,
so entscheidet das Ergebnis der dritten Frage. In Kraft tritt die Vorlage,
die bei dieser Frage mehr Volks- und mehr Standesstimmen erzielt. ...

III
Änderungen der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 werden von der Bundesversammlung
formal an die neue Bundesverfassung angepasst. Der entsprechende Beschluss
untersteht nicht dem Referendum.
IV
1 Dieser Beschluss wird Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet.
2 Die Bundesversammlung bestimmt das Inkrafttreten.
Nationalrat, 18. Dezember 1998 Ständerat, 18. Dezember 1998
Die Präsidentin: Heberlein
Der Protokollführer: Anliker
Der Präsident: Rhinow
Der Sekretär: Lanz
Ergebnis der Volksabstimmung und Inkraftsetzung
1 Dieser Beschluss ist vom Volk am 18. April 1999 angenommen worden.10
2 Er wird auf den 1. Januar 2000 in Kraft gesetzt.11